ZPO §§ 103 Abs. 2 S. 1, 567
Leitsatz
Nicht den Gegenstand eines Kostenfestsetzungsantrags bildende Kosten können mit der sofortigen Beschwerde nur dann geltend gemacht werden, wenn das Rechtsmittel unabhängig von der Anspruchserweiterung zulässig ist. Anderenfalls sind sie zur nachträglichen Festsetzung anzumelden.
BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VI ZB 79/09
1 Sachverhalt
Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 EUR in Anspruch genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG haben sich die Parteien in der Sache verglichen und im Übrigen vereinbart, dass die Klägerin 9/10 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/10 der Kosten zu tragen haben. Hierauf gestützt hat der Beklagte zu 1) die Festsetzung von Kosten in Höhe von insgesamt 2.035,23 EUR nebst Zinsen gegen die Klägerin beantragt und dabei die Verfahrensgebühr mit Rücksicht auf das vorprozessuale Tätigwerden seines Prozessbevollmächtigten nur mit dem 0,65-fachen Satz (367,90 EUR netto = 437,81 EUR brutto) in Ansatz gebracht. Der Rechtspfleger beim LG hat dem Antrag des Beklagten zu 1) in vollem Umfang entsprochen. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr sei zu Unrecht erfolgt. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Beklagte zu 1) die Festsetzung einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr nebst Zinsen.
Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss I des LG ist unzulässig, da der Beklagte zu 1) – worauf bereits der Rechtspfleger beim LG im Nichtabhilfebeschluss hingewiesen hat – durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert wird. Das LG hat dem Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten zu 1) in vollem Umfang entsprochen. Das LG hat nicht etwa die vom Beklagten zu 1) angesetzte Verfahrensgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf den 0,65-fachen Satz gekürzt. Vielmehr hat der Beklagte zu 1) mit seinem Kostenfestsetzungsantrag lediglich den Ansatz einer 0,65-fachen Verfahrensgebühr in Höhe von 367,90 EUR netto beantragt. Erst mit der sofortigen Beschwerde hat er eine auf den 1,3-fachen Satz erhöhte Verfahrensgebühr und deshalb die Zahlung weiterer 367,90 EUR netto geltend gemacht. Eine allein zum Zwecke der Anspruchserweiterung eingelegte sofortige Beschwerde ist aber mangels Beschwer unzulässig.
Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt eine Beschwer des Rechtsmittelführers sowie das Bestreben voraus, diese Beschwer mit Hilfe des Rechtsmittels zu beseitigen (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1982 – IVb ZR 318/81, BGHZ 85, 140, 142; v. 13.4.1988 – VIII ZR 199/87, NJW-RR 1988, 959). Das Rechtsmittel ist unzulässig, wenn mit ihm lediglich im Wege der Anspruchserweiterung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt wird (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 21.9.1994 – VIII ZB 22/94, NJW 1994, 3358, 3359; v. 17.9.1992 – IX ZB 45/92, ZIP 1993, 64, 65; v. 7.5.2003 – XII ZB 191/02, VersR 2003, 1416, 1417; BGH, Urt. v. 13.6.1996 – III ZR 40/96, NJW-RR 1996, 1276; v. 11.10.2000 – VIII ZR 321/99, ZIP 2000, 2222 f. m. w. Nachw.). Dementsprechend können bislang nicht Gegenstand eines Kostenfestsetzungsantrags bildende Kosten mit der sofortigen Beschwerde nur dann geltend gemacht werden, wenn das Rechtsmittel – wie hier nicht – unabhängig von der Anspruchserweiterung zulässig ist. Anderenfalls sind sie zur nachträglichen Festsetzung anzumelden (vgl. OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 29; KG NJW-RR 1991, 768; OLG Koblenz JurBüro 1991, 968; OLG Hamm JurBüro 1996, 262 f.; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 104 Rn 21 "Beschwer"; Musielak-Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 104 Rn 24; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 104 Rn 32, jeweils m. w. Nachw.).
3 Anmerkung
Vielen Anwälten ist der Unterschied zwischen einem Rechtsmittel und der Nachfestsetzung nicht bekannt. Immer wieder kommt es zu völlig überflüssigen Rechtsmittelverfahren, mit denen lediglich eine Nachfestsetzung beantragt wird.
Eine Erinnerung oder Beschwerde kommt nur dann in Betracht, wenn das Gericht Kostenpositionen abgesetzt, also den Kostenfestsetzungsantrag insoweit abgewiesen hat. Dazu ist aber Voraussetzung, dass die betreffenden Kosten auch angemeldet waren. Fehlt es daran, waren die betreffenden Kosten also erst gar nicht angemeldet, dann kann das Gericht darüber auch nicht entscheiden, so dass ein Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit auch keine Bindungswirkung, insbesondere auch keine Rechtskraftwirkung hat und für den jeweiligen Beteiligten auch nicht nachteilig ist.
Ihm bleibt jederzeit unbenommen, hinsichtlich der bisher nicht angemeldeten Positionen einen neuen Festsetzungsantrag zu stellen und die bislang nicht geltend gemachten Positionen nachträglich anzumelden.
Abgesehen davon wäre das Beschwerdegericht auch gar nicht für die Nachfestsetzung zuständig, da insoweit die ausschli...