RVG §§ 25 Abs. 1 Nr. 3, 33; ZPO § 890
Leitsatz
- Der Gegenstandswert eines Ordnungsgeldverfahrens beläuft sich auf den vollen Wert der zu vollstreckenden Handlung, Duldung oder Unterlassung.
- Dieser Wert ist im Verfahren nach § 33 RVG auf Antrag festzusetzen.
LG Flensburg, Beschl. v. 11.3.2020 – 6 HKO 18/19
1 Aus den Gründen
Der Antrag der Verfahrensbevollmächtigen des Gläubigers auf Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit ist nach § 33 Abs. 1 und 2 RVG zulässig
Die gerichtlichen Gebühren des Ordnungsgeldverfahrens berechnen sich nicht nach einem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert. Im erstinstanzlichen Verfahren betreffend die Festsetzung von Ordnungsgeld nach § 890 Abs. 1 ZPO fällt keine wertabhängige Gerichtsgebühr an, sondern nur eine Festgebühr nach Nr. 2111 GKG-KostVerz.
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG am Wert einer Hauptsacheklage auf Unterlassung auszurichten. Der Wert des Vollstreckungsverfahrens nach § 890 ZPO richtet sich damit nach dem Interesse, das der Unterlassungsgläubiger an der Einhaltung des ausgesprochenen Verbots hat.
Nach einer Meinung ist nur ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache anzusetzen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.7.2019 – 6 W 46/19, juris Rn 12 [= AGS 2019, 41]; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 19.8.2009 – 5 W 181/09 – 66, 5 W 267/09 – 98, 5 W 181/09, 5 W 267/09; OLG Celle, Beschl. v. 23.4.2009 – 13 W 33/09, juris Rn 5, 7). Der Wert für das konkrete Vollstreckungsverfahren könne regelmäßig nur einen Bruchteil des Hauptsachestreitwerts ausmachen. Das Hauptsacheverfahren zur Erwirkung eines gerichtlichen Verbots sei die dauerhafte Grundlage für die Durchsetzung eines Unterlassungsbegehrens und daher für den Unterlassungsgläubiger von höherer Bedeutung als die Sanktionierung einzelner Verstöße gegen dieses Verbot (OLG Frankfurt, Beschl. v. 1.7.2019 – 6 W 46/19, juris Rn 12). Dass konkrete Vollstreckungsverfahren könne niemals dazu führen, dass der Anspruch endgültig erfüllt sei, auch wenn die Sanktionierung eines in der Vergangenheit liegenden Verstoßes darauf abziele, dass ein zukünftiger Verstoß unterbleibe (OLG Celle, Beschl. v. 24.3.2009 – 13 W 33/09, juris Rn 5, 7).
Nach a.A. entspricht der Wert der zu erwirkenden Unterlassung dem Hauptsachewert (OLG Hamm, Beschl. v. 14.3.2017 – 4 W 34/16, juris Rn 25 [= AGS 2017, 413]; OLG München, Beschl. v. 3.6.2015 – 29 W 885/15, juris Rn 7; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2015 – 14 W 85/15; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05, juris Rn 6 [= AGS 2005, 262]; für den Antrag auf Androhung des Ordnungsgeldes: OLG Hamm, Beschl. v. 21.5.2015 – 4 W 77/14).
Das Gericht folgt der letzten Auffassung, Für sie spricht, dass § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG vom Wert der Duldung bzw. Unterlassung, mithin vom Wert der Hauptsache ausgeht (Volpert, AGS 2019, 411).
Das Gericht hat mit Beschl. v. 9.10.2019 den Streitwert des mit dem Anerkenntnisurteil titulierten Unterlassungsantrages auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
2 Anmerkung
1.
Für das Verfahren über einen Antrag auf eine gerichtliche Handlung der Zwangsvollstreckung gem. § 890 ZPO entsteht die Gerichtsgebühr Nr. 2111 GKG-KostVerz. i.H.v. 20,00 EUR. Hierbei handelt es sich um eine Festgebühr, also eine von einem Streitwert unabhängige Gebühr. Für den Gegenstandswert der in diesem Verfahren anfallenden 0,3-Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV sowie ggf. der 0,3-Terminsgebühr Nr. 3310 VV RVG ist zunächst § 23 Abs. 1 S. 2 RVG zu beachten. Danach sind in Verfahren, in denen Kosten nach dem GKG erhoben werden, die Wertvorschriften des GKG entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder als Gerichtsgebühr eine Festgebühr bestimmt ist. Weil für sämtliche der in Nr. 2111 GKG-KostVerz. aufgeführten Verfahren in der Zwangsvollstreckung keine Wertvorschriften im GKG enthalten sind, musste der Gesetzgeber in § 25 RVG (hier: § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG) den Gegenstandwert für den in der Vollstreckung tätigen Rechtsanwalt eigenständig regeln.
Den sich hier nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG richtenden Gegenstandswert setzt das Gericht des Rechtszugs gem. § 33 Abs. 1 RVG auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, weil sich die Gebühren des Rechtsanwalts in dem gerichtlichen Verfahren gem. § 890 ZPO nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert bestimmen bzw. es an einem solchen Wert fehlt.
Das LG ist hier deshalb zutreffend von einem Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG ausgegangen und hat keine Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG für die Gerichtsgebühr Nr. 2111 GKG-KostVerz. vorgenommen, weil keine sich nach dem Streitwert richtende Gerichtsgebühr anfällt.
2.
Gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG bestimmt sich der Gegenstandwert nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Beim Ordnungsgeld gem. § 890 ZPO ist umstritten, ob der Wert der Hauptsache oder nur ein Bruchteil davon den Gegenstandswert bildet. Nach einer Auffassung besteht der Gegenstandswert hier in der Regel nur aus einem Bruchteil des Werts der Hauptsache. Dieser Auffassung hat ...