ZPO §§ 114, 254
Leitsatz
Bei einer Stufenklage ist Prozesskostenhilfe grundsätzlich einheitlich für sämtliche Anträge zu bewilligen oder zu versagen. Soweit aber zu dem für die Bewilligung maßgeblichen Zeitpunkt keine hinreichende Erfolgsaussicht für den Auskunftsantrag besteht, ist die Bewilligung entsprechend einzuschränken.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.9.2019 – 5 W 45/19
1 Sachverhalt
Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage, mit der sie vom Beklagten als Erben Auskunft, Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung und Zahlung verlangt. Den Streitwert hat sie mit 10.000,00 EUR angegeben.
Nach Klageerhebung, aber noch im Rahmen der Stellungnahme zum Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin ergänzte der Beklagte seine Auskünfte, insbesondere auch zu lebzeitigen Schenkungen der Erblasserin, der Mutter der Parteien. Danach errechnet sich kein höherer Pflichtteilsanspruch der Klägerin als 5.000,00 EUR.
Die Klägerin hält die Auskünfte nach wie vor für unzureichend, weil nicht ausreichend erklärt sei, wie die Vermögensschrumpfung von Juli 2012 bis zum Jahr 2016 i.H.v. rund 27.000,00 EUR erklärt werden könne. Der Beklagte hat dazu behauptet, die Erblasserin habe die Kosten im Pflegeheim in den letzten Lebensjahren nicht aus ihren monatlichen Einkünften decken können, sodass Vermögen habe eingesetzt werden müssen.
Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte das LG der Klägerin Prozesskostenhilfe, weil das Auskunftsbegehren, auf das es für die Beurteilung der begehrten Prozesskostenhilfe ankomme, keine Aussicht auf Erfolg biete.
Gegen diesen Beschluss legte die Klägerin sofortige Beschwerde ein.
Das LG half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem OLG vor.
2 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), soweit es um die Stufenklage als solche geht. Allerdings waren der Auskunftsantrag auszunehmen und Prozesskostenhilfe nur insoweit zu bewilligen, als Prozesskosten bei der Angabe eines vorläufigen Streitwertes von 5.000,00 EUR entstanden wären.
(1.) Für die Entscheidung über die Bewilligung beantragter Prozesskostenhilfe ist grds. der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Entscheidung selbst maßgeblich. Anders sind nur die Fälle zu beurteilen, in denen das Gericht die Bewilligungsentscheidung durch nachlässige oder fehlerhafte Sachbearbeitung verzögert. Nur dann ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife entscheidend (Geimer, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 119 Rn 45; OLG Köln JurBüro 2006, 657; OLG Dresden MDR 1998, 185).
Danach war auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem das Gericht nach erfolgter Stellungnahme des Beklagten über den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin entscheiden konnte. Die Auskunft war zu diesem Zeitpunkt durch den Beklagten erteilt. Das hat das LG richtig gesehen. Auf die Frage einer Mutwilligkeit kommt es allerdings nicht an, weil Verschlechterungen der Erfolgsaussichten während des PKH-Verfahrens ohnehin zulasten des Antragstellers gehen. Dieses Risiko geht der Antragsteller ein, wenn er sofort Klage erhebt und einen Prozesskostenhilfeantrag erst im Klageverfahren stellt.
Die Auskunft muss die zur Durchsetzung der Gläubigerinteressen notwendigen Informationen enthalten. Dazu ist eine geordnete Zusammenstellung der Aktiva und Passiva des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls mitzuteilen, die auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüfbar sein und das Nachvollziehen des Ergebnisses ohne Beiziehung sachverständiger Hilfe erlauben muss. Geschuldet sind daher zum einen die nähere Bezeichnung der einzelnen Nachlassgegenstände und zum anderen die Informationen in Bezug auf die Nachlassgegenstände, die der Gläubiger zur Durchsetzung seines Anspruchs benötigt (Herzog, in: Staudinger, BGB, 2015, § 2314 Rn 61; MüKoBGB/Lange, 2017, § 2314 Rn 23 ff).
Die Auskunftspflicht des Erben erstreckt sich nicht nur auf den tatsächlich im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen, sondern darüber hinaus auch auf den fiktiven Nachlass. Zum fiktiven Nachlass gehören anrechnungs- (§ 2315) und ausgleichungspflichtige (§ 2316) Zuwendungen. Die Auskunftspflicht nach § 2314 umfasst im Hinblick auf § 2325 auch die vom Erblasser gemachten Schenkungen. Dabei spielt der Wert der Schenkung für die Frage des "Ob" einer Auskunftspflicht keine Rolle. Gleiches gilt für die Bezeichnung durch den Erblasser. Entscheidend ist allein die abstrakt zu beurteilende Pflichtteilsrelevanz. Dabei ist im Zweifel eine Auskunftspflicht zu bejahen. Der Erbe darf keine rechtlichen Würdigungen vorwegnehmen, sondern muss dem Pflichtteilsberechtigten die Umstände offen legen, damit dieser sie nachvollziehen und überprüfen kann. Auch wenn es sich letztlich um eine bei der Pflichtteilsberechnung nicht zu berücksichtigende Anstandsschenkung handelt (§ 2330 BGB), ist sie bei der Auskunft anzugeben; denn der Pflichtteilsberechtigte soll selbst über den Charakter der Schenkung befinden können. Die Auskunftspflicht erstreckt sich wegen § 2325 Abs. 3 zumi...