RVG § 11; ZPO § 172
Leitsatz
Das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zählt nicht zum Rechtszug i.S.v. § 172 ZPO.
OLG Koblenz, Beschl. v. 21.11.2019 – 13 WF 979/19
1 Sachverhalt
Mit dem vorliegenden Rechtsmittel wendet sich die Antragsgegnerin gegen die am 26.7.2019 nach § 11 RVG erfolgte Festsetzung der von ihr an ihre vormaligen Verfahrensbevollmächtigten nach Mandatskündigung zu erstattenden erstinstanzlichen Anwaltskosten.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des FamG wurde der Antragsgegnerin am 30.7.2019 zugestellt. Mit am 5.9.2019 eingegangenen Schriftsatz v. 29.8.2019 baten die neuen Verfahrensbevollmächtigten darum, Zustellungen an sie vorzunehmen, nachdem sich aus dem Sitzungsprotokoll v. 3.5.2019 ihre Mandatierung ergebe. Gleichwohl sei im Vergütungsfestsetzungsverfahren der vormaligen Anwälte der Schriftverkehr ausschließlich über die Antragsgegnerin persönlich geführt worden. Diese habe angegeben, rechtzeitig gegen den Beschl. v. 26.7.2019 Beschwerde eingelegt zu haben. Nachfolgend begründen die neuen Verfahrensbevollmächtigten, warum der Kostenfestsetzungsbeschluss v. 26.7.2019 zu Unrecht ergangen sei.
Mit Verfügung v. 23.9.2019 hat das FamG mitgeteilt, dass sich eine Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung nicht in der Akte befinde und die neuen Verfahrensbevollmächtigten um Prüfung gebeten. Mit weiterer Verfügung des Senats v. 16.10.2019 – bei dem sich die Akte wegen eines Rechtsmittels in der Hauptsache befindet – hat dieser darauf hingewiesen, auch eine Äußerung auf den vorgenannten Hinweis aus der Akte nicht ersichtlich sei. Es bestünden Bedenken, ob Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zum Rechtszug i.S.v. § 172 ZPO zählen. Hieraufhin hat das FamG der Beschwerde infolge Verfristung nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RVG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss v. 26.7.2019 ist unzulässig. Sie wurde nicht binnen der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, auf welche in dem Beschluss auch hingewiesen wurde, eingelegt.
Das FamG hat zutreffenderweise sowohl die Anhörung zu dem Kostenfestsetzungsantrag v. 18.6.2019 als auch die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses am 30.7.2019 unmittelbar gegenüber der Antragsgegnerin vorgenommen. Richtig ist zwar, dass sich die neuen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin bereits spätestens im Termin am 3.5.2019 in dem Scheidungsverbundverfahren bestellt hatten. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zählt indes nicht zum Rechtszug i.S.v. § 172 ZPO (vgl. Musielak/Voit/Wittschier, ZPO, 16. Aufl., 2019 § 172 Rn 5) und eine Bestellung auch für dieses ist nicht aktenkundig. Vielmehr hat sich die Antragsgegnerin mit am 5.7.2019 bei Gericht eingegangenem Schreiben auch gerade selbst zu dem Kostenfestsetzungsantrag geäußert.
War die am 30.7.2019 an die Antragsgegnerin erfolgte Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses v. 26.7.2019 daher wirksam, war die Rechtsmittelfrist bei Eingang des Schriftsatzes v. 29.8.2019 bereits abgelaufen. Allein der Umstand, dass im Rubrum des Kostenfestsetzungsbeschlusses – seinerzeit fehlerhaft – auch die neuen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin genannt sind, ändert hieran nicht. Eine fristgerechte Einlegung der sofortigen Beschwerde durch die Antragsgegnerin persönlich wurde lediglich unsubstantiiert behauptet. Auch nach entsprechendem Hinweis erfolgte kein weiterer Vortrag, wann genau und wie das Rechtsmittel eingelegt worden sein soll.
Die Beschwerde war folglich als unzulässig zu verwerfen.
Mitgeteilt von RiOLG Andreas Oeley, Koblenz
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend und hat auch kostenrechtliche Konsequenzen.
Der kostenrechtliche Rechtszug entspricht i.d.R. dem prozessualen bzw. verfahrensrechtlichen Rechtszug bzw. der prozessualen und verfahrensrechtlichen Instanz. Zu dem kostenrechtlichen Rechtszug gehört das Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103–107 ZPO zwischen den Parteien. Auslagen für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses gem. §§ 103 ff. ZPO können nur dann nach Nr. 9002 KV GKG erhoben werden, wenn in dem Rechtszug, bestehend aus der Hauptsache und dem Kostenfestsetzungsverfahren, mehr als zehn Zustellungen anfallen. Denn für eine Beschränkung, dass das erstinstanzliche Kostenfestsetzungsverfahren nicht zum Rechtszug der Hauptsache gehört, geben weder die Prozess- bzw. Verfahrensordnungen noch das GKG und insbes. Nr. 9002 GKG-KostVerz. etwas her.
Im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG des Rechtsanwalts gegen seinen eigenen Mandanten gilt diese Beschränkung aber nicht. Es handelt sich um ein eigenständiges und vom Hauptsacheverfahren und auch vom Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO unabhängiges Verfahren, in welchem Zustellungen i.S.v. Nr. 9002 GKG-KostVerz. ab der ersten Zustellung auslagenpflichtig sind. Das Verfahren gem. § 11 RVG ist deshalb losgelöst von diesen Verfahren zu betrachten, weil es das Verhältnis des Rechtsanwalts zu seinem Auftraggeber und nicht das Verhältnis der Prozessparteien untereina...