§§ 73, 64, 65 InsO; § 17 InsVV
Leitsatz
- Die Vergütung des einzelnen Gläubigerausschussmitglieds ist individuell zu bemessen
- Eine Orientierung an der Vergütung des Insolvenzverwalters scheidet aus.
- Entsendet eine juristische Person einen Vertreter, ist das an ihn gezahlte Honorar kein Kriterium, dass Rückschlüsse auf die Höhe der Vergütung des Gläubigerausschussmitglieds selbst zulässt.
- War die Entsendung eines Vertreters wegen dessen besonderer Sachkunde und Qualifikation objektiv erforderlich, kann dies aber Einfluss auf die Stundenhöhe haben.
BGH, Beschl. v. 14.1.2021 – IX ZB 94/18
I. Sachverhalt
Im Insolvenzverfahren eines Unternehmens wurde zunächst ein vorl. Ausschuss, dann ein endgültiger Gläubigerausschuss gewählt. Bei Fälligkeit rechnete das streitgegenständliche Gläubigerausschussmitglied seine Vergütung ab. Das entsprechende Mitglied ist Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland und Luxemburg und übte seine Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses durch eines seiner Vorstandsmitglieder aus. Anstelle der beantragten zu vergütenden Stundenhöhe von 250 EUR wurde durch das Gericht lediglich eine Stundenhöhe von 150 EUR zugebilligt. Dies wurde mittels zugelassener Rechtsbeschwerde final angegriffen.
II. Individuelle Berechnung der Vergütung
Der BGH stellt nochmals klar, dass die Vergütung der jeweiligen Ausschussmitglieder einzeln festgesetzt werden muss, nämlich individuell gemessen an der jeweiligen Tätigkeit des einzelnen Mitglieds (Lorenz/Klanke/Lorenz, InsVV, § 17 Rn 1 ff.). Eine Festsetzung "en Passant" für das ganze Gremium scheidet aus. Dem ist zuzustimmen. Bei der individuellen Betrachtung der einzelnen Vergütungen der Ausschussmitglieder gilt bei jedem der Grundsatz, wonach eine angemessene Vergütung sichergestellt sein muss. Dies kann im Einzelfall durch die Mittelgebühr geschehen, von der regelmäßig auszugehen ist. Dies kann aber auch darüber liegen (LG Köln, Beschl. v. 13.2.2015 – 13 T 196/14, NZI 2015, 573 = ZInsO 2015, 873 = ZIP 2015, 1450; BGH, Beschl. v. 8.10.2009 – IX ZB 11/08, ZInsO 2009, 2165). Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die Schwierigkeit des Verfahrens aber auch der individuelle Umfang der Mitarbeit des einzelnen Ausschussmitgliedes (Lorenz/Klanke/Lorenz, a.a.O., § 17, Rn 9 ff.). Eine Abweichung bedarf einer besonderen Begründung (LG Köln, Beschl. v. 13.2.2015 – 13 T 196/14, NZI 2015, 573 = ZInsO 2015, 873 = ZIP 2015, 1450; Graeber/Graeber, InsVV-Online, § 17, Rn 5).
III. Juristische Person als Ausschussmitglied unterliegt anderen Prüfungsansätzen
Interessanterweise befasst sich dann die Entscheidung aber mit der Differenzierung zwischen einer juristischen Person als Mitglied des Gläubigerausschusses oder einer natürlichen Person. Qualifikation und Sachkunde beeinflussen dabei den Stundensatz bei einer juristischen Person nach Maßgabe der von ihr als Mitglied des Gläubigerausschusses objektiv zu erfüllenden Aufgaben. Es müsse folglich auch ein Kriterium sein, wen die juristische Person dem Schwierigkeitsgrad des Einzelfalls entsprechend als Vertreter entsende. Sei es objektiv erforderlich, sich durch eine besonders qualifizierte und sachkundige Person vertreten zu lassen, müsse dies bei der Höhe der Vergütung zu berücksichtigen sein.
IV. Bemessungskriterien
Zwar fänden – so der BGH – die Grundsätze des § 3 InsVV nicht unmittelbar Anwendung. Mache das Mitglied des Gläubigerausschusses aber geltend, die für die Vergütung des Insolvenzverwalters maßgeblichen Umstände seien für die Tätigkeit des Gläubigerausschusses ebenfalls prägend, sei zu prüfen, ob und inwieweit die für die Vergütung des Insolvenzverwalters berücksichtigten Erhöhungstatbestände dazu führen können, dass nach Umfang und Schwierigkeit des Insolvenzverfahrens und der Aufgaben des Gläubigerausschusses eine höhere Vergütung für die Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses geboten ist. Die Zuschlagsfaktoren bilden also mittelbar ein Indiz auch für die Vergütung des Gläubigerausschusses.
V. Keine prozentualen Orientierung an der Vergütung des Insolvenzverwalters
Der BGH erteilt aber in seiner Entscheidung neuerlich und zutreffend der immer wieder vorkommenden, aber m.E. unzulässigen (Uhlenbruck/Knof, InsO, § 73, Rn 16ff.), Praxis der prozentualen Anknüpfung der Vergütung der Gläubigerausschussmitglieder an die Vergütung des Insolvenzverwalters eine klare Absage! Dies ist nachvollziehbar und lässt sich mit der Überwachungsfunktion des Ausschusses auch nicht vereinbaren, da eine ausreichende Distanz zwischen Ausschuss und Verwalter so nicht mehr gewahrt bliebe (a.A. wohl Lorenz/Klanke/Lorenz, a.a.O., § 17, Rn 13, wo eine Bemessung von 1 %–5 % der Verwaltervergütung als zulässig gesehen wird).
VI. Bedeutung für die Praxis
Über die Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses hatte der BGH im Januar 2021 gleich zweimal zu entscheiden (ebenfalls BGH, Beschl. v. 14.1.2021 – IX ZB 71/18). Die Vergütung ist folglich öfters in der Kritik stehend und Anlass zu Auseinandersetzungen, insbesondere da sich bereits im Jahr 2020 eine "baldige" Erhöhung der nicht mehr zeitgemäßen Lage abzeichnete. Der Gläubigerausschuss ist neben der Gläubigerversammlung das wichtigste Gremium der Gläubigermitbestimmung. Wird ein Ausschuss bestellt, n...