§ 60 RVG
Leitsatz
Beauftragt in einem vor dem 1.1.2021 eingeleiteten Verfahren ein Beigeladener seinen Anwalt erst nach dem 31.12.2020, gilt für den Anwalt des Beigeladenen gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG bereits das neue Gebührenrecht. Er erhält also die höheren Gebührenbeträge nach dem KostRÄG 2021.
OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 31.3.2021 – 2 P 27/21
I. Sachverhalt
Der Antragsteller hatte im Februar 2019 ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Beigeladen worden war die H GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwalt G. Mit Schreiben vom 25.1.2021 bestellte sich Rechtsanwalt F für die D GmbH & Co. KG und zeigte deren Vertretung an. Er wies darauf hin, dass die H GmbH & Co KG von der E-GmbH im Rahmen eines "share deals" übernommen und in die D GmbH & Co. KG umbenannt worden sei. Das Gericht hat sodann das Rubrum berichtigt, dass nunmehr die D GmbH & Co KG beigeladen sei und hat nach Mandatsniederlegung durch Rechtsanwalt FG nunmehr Rechtsanwalt F als Verfahrensbevollmächtigten in das Rubrum aufgenommen. Nach Abschluss des Verfahrens wurden die Kosten, einschließlich der Kosten der Beigeladenen, dem Antragsteller auferlegt. Die Beigeladene beantragte sodann die Festsetzung ihrer Kosten, berechnet nach den neuen Gebührenbeträgen des KostRÄG 2021. Das Gericht hat antragsgemäß festgesetzt. Die hiergegen erhobene Erinnerung hatte keinen Erfolg.
II. Auftrag ist entscheidend
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat zu Recht für Rechtsanwalt F die Gebühren nach den neuen Gebührenbeträgen des KostRÄG 2021 festgesetzt. Das bisherige Recht ist nur dann anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Hier verhielt es sich aber so, dass sich der Prozessbevollmächtigte der beigeladenen D GmbH & Co. KG erst im Januar 2021 bestellt hatte. Er hatte auch eine Vollmachtsurkunde vorgelegt, die auf den 22.1.2021 datierte. Folglich liegt die Auftragserteilung nach Inkrafttreten des KostRÄG 2021, sodass damit bereits die Gebührenbeträge nach neuem Recht Anwendung finden.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Anwendung des Gebührenrechts zutreffend. Für die anwaltliche Vergütung kommt es darauf an, wann dem Anwalt der Auftrag erteilt worden ist (§ 60 Abs. 1 S. RVG). Unerheblich ist, wann das Verfahren begonnen hat.
Es kann daher – wie hier – durchaus zu unterschiedlichem Recht für Gericht und beteiligte Anwälte kommen. Während für den Anwalt des Antragstellers sowie den vormaligen Rechtsanwalt G und das Gericht noch die alten Gebührenbeträge gelten, kann Rechtsanwalt F bereits nach neuem Recht abrechnen.
Allerdings hat sich das Gericht nicht mit der Frage befasst, ob der Anwaltswechsel von G auf F notwendig war. Soweit dies zu verneinen gewesen wäre, wofür hier einiges spricht, wären nur die Kosten eines Anwalts zu erstatten gewesen, und zwar nach altem Recht (LG Duisburg AGS 2005, 446).
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 4/2021, S. 164