§§ 45 Abs. 1, 63 Abs. 1, 40 Abs. 2 FamGKG
Leitsatz
Wird in einer vor dem 1.1.2021 eingeleiteten Kindschaftssache nach dem 31.12.2020 Beschwerde erhoben, richtet sich der Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren bereits nach dem FamGKG i.d.F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021, sodass von einem Regelwert i.H.v. 4.000,00 EUR auszugehen ist.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.3.2021 – 6 UF 22/21
I. Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte in 2020 eine Kindschaftssache eingeleitet, über die das FamG erst im Jahr 2021 entschieden hat. Den Verfahrenswert hat das FamG auf 3.000,00 EUR festgesetzt. Gegen die Entscheidung in der Hauptsache hat die Antragstellerin in 2021 Beschwerde erhoben. Das OLG hat die Entscheidung des FamG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FamG zurückverwiesen. Gleichzeitig hat das OLG den Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
II. Maßgebend ist § 63 Abs. 1 FamGKG
Die Frage, ob neues oder altes Kostenrecht anzuwenden ist, richtet sich im FamGKG nach der Vorschrift des § 63 FamGKG.
Maßgebend ist zunächst einmal § 63 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Danach wird auf die Anhängigkeit des Verfahrens abgestellt. Demzufolge hatte das FamG auch zutreffend den Verfahrenswert auf 3.000,00 EUR festgesetzt, da das Verfahren dort bereits im Jahr 2020 anhängig geworden ist und damals noch der Regelwert von 3.000,00 EUR galt (§ 45 Abs. 1 FamGKG).
Im Beschwerdeverfahren gilt dagegen § 61 Abs. 1 S. 1 FamGKG nicht (§ 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Abzustellen ist daher gem. § 34 FamGKG auf den Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsmittelverfahrens. Zu diesem Zeitpunkt galt aber bereits die Neufassung des FamGKG und damit auch der höhere Regelwert i.H.v. 4.000,00 EUR.
III. Kein Vorrang des § 40 Abs. 2 FamGKG
Das OLG hat sich sodann mit der Frage befasst, ob der nach § 60 Abs. 1 S. 2 FamGKG gefundene Wert i.H.v. 4.000,00 EUR gem. § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf 3.000,00 EUR zu begrenzen sei, da in der Vorinstanz die Kindschaftssache noch mit 3.000,00 EUR zu bewerten war. Das OLG hat zu Recht ausgeführt, dass die Vorschrift des § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf den hiesigen Fall nicht anwendbar sei. Vielmehr enthalte § 63 Abs. 1 S. 2 FamGKG eine speziellere Regelung, die der Regelung des § 40 Abs. 2 S. 1 FamGKG vorgehe.
IV. Übergangsrecht für die Anwaltsgebühren
Für den Anwalt gilt ein abweichendes Übergangsrecht. Es kommt für ihn nicht auf den Wert des gerichtlichen Verfahrens an, sondern auf den Wert, der zum Zeitpunkt seiner Auftragserteilung galt (§ 60 Abs. 1 S. 6 RVG). Im zugrundeliegenden Fall ergaben sich insoweit allerdings keine Unterschiede.
Unterschiede können sich aber dann ergeben, wenn die Beschwerde noch in 2020 eingereicht, dem Beschwerdegegner aber erst in 2021 zugestellt worden ist.
Beispiel
Über die Kindschaftssache war vom FamG im Dezember 2020 entschieden worden. Die Antragstellerin hatte noch im Dezember 2020 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde ist dem Antragsgegner und Beschwerdegegner allerdings erst im Januar 2021 zugestellt worden, sodass er erst dann seinen Anwalt mit der Vertretung im Beschwerdeverfahren beauftragt hatte.
In diesem Fall gilt für das Gericht der Wert i.H.v. 3.000,00 EUR (§ 63 Abs. 1 S. 1 FamGKG)
Gleiches gilt für den Anwalt der Beschwerdeführerin (§ 60 Abs. 1 S. 6 RVG).
Für den Anwalt des Beschwerdegegners gilt dagegen gem. § 60 Abs. 1 S. 6 RVG bereits der neue Wert von 4.000,00 EUR, da er erst nach dem 31.12.2020 beauftragt worden ist.
Dieser abweichende Wert ist dann auf Antrag im Verfahren nach § 33 RVG gesondert festzusetzen (AG Starnberg AGS 2021, 89 [N. Schneider]).
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 4/2021, S. 190 - 191