Das LG meint, das AG habe die Gebühr gem. Nr. 4142 VV zu Recht nicht festgesetzt. Die Gebühr entstehe für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehende Rechtsfolgen (§ 439 StPO), die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht (Anm. 1 zu Nr. 4142 VV). Ausreichend sei, dass eine Einziehung nach Lage der Dinge in Betracht komme (OLG Dresden RVGreport 2020, 227; Burhoff, AGS 2021, 396, 397). Die Gebühr erfasse sämtliche Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Einziehung erbringe und die zumindest auch einen Bezug zur Einziehung haben (BGH NStZ-RR 2019, 12 = RVGreport 2019, 102 = StRR Sonderausgabe 7/2029, 10) Insoweit können – so das LG – schon Besprechungen und Beratungen des Mandanten die Gebühr auslösen (KG, Beschl. v. 30.6.2021 – 1 Ws 16/21; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 24 m.w.N.).
Hieran gemessen sei – so das LG – die Gebühr nicht festzusetzen, weil eine Einziehung als notwendiger Bezugspunkt für die gebührenpflichtige Beratung nach dem Verfahrensablauf nicht in Betracht gekommen sei. Eine Einziehung komme nicht schon dann in Betracht, wenn sie abstrakt möglich ist (KG, Beschl. 8. 11. 2019 – 1 Ws 53/19; ähnlich KG, Beschl. v. 30.6.2021 – 1 Ws 16/21; a.A. [wohl] Burhoff, AGS 2021, 396, 397 – ausreichend, dass Einziehung sachlich möglich ist). Es müsse vielmehr eine hinreichend konkrete Aussicht bestehen, dass hierüber tatsächlich entschieden werde. Diese Einschränkung werde dahin formuliert, dass die Einziehung "ernsthaft" in Betracht kommt (Kremer, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., 2015, VV 4142 Rn 6), dass entsprechende Beratung "nach Aktenlage geboten" sei (OLG Oldenburg, Beschl. v. 3.12.2009 – 1 Ws 643/09, AGS 2010, 128), oder dass Fragen der Einziehung "naheliegen" (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, VV 4142 Rn 12 m.w.N. und weiteren Beispielen).
Daran fehle es jedenfalls für die gegebene Konstellation. Die Staatsanwaltschaft habe durch die in ihrer Abschlussverfügung vorgenommenen Beschränkungen (§ 421 Abs. 3, § 435 Abs. 1 S. 2 StPO) dem AG die Frage nach einer Einziehung bewusst nicht unterbreitet. Von dieser Entscheidung sei sie auch später nicht abgerückt. Eine den Angeklagten treffende Befassung mit der Einziehung hätte daher zwingend vorausgesetzt, dass das Gericht zunächst eine Wiedereinbeziehung anordne und damit den Angeklagten auf diese Rechtsfolge hinweise (§ 421 Abs. 2 S. 1, 3 mit § 265 StPO, vgl., MüKo StPO/Putzke/Scheinfeld, § 421 Rn 34; KK-StPO/Schmidt, 8. Aufl., 2019, § 421 Rn 9; i.Ü. vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.10.2020 – GSSt 1/20, NJW 2022, 201), sodass er – erstmals – Anlass und auch Gelegenheit zur Verteidigung betreffend diesen Punkt gehabt habe. Das habe nicht stattgefunden, das AG machte noch nicht einmal erkennbare Anstalten, die Thematik einer Einziehung proaktiv aufzugreifen, vielmehr habe es sich mit der Verlesung der staatsanwaltlichen Beschränkungsverfügung begnügt. Daher habe es für den Rechtsanwalt objektiv keine Veranlassung gegeben, wegen einer nach dem konkreten Verfahrensgang und nach praktischer Erfahrung nicht drohenden Rechtsfolge entsprechende Beratungsleistungen zu erbringen. Allein die abstrakte Möglichkeit – für deren Realisierung keine konkreten Gesichtspunkte sprachen –, dass das AG jederzeit die Wiedereinbeziehung hätte anordnen können, reiche entgegen der Auffassung des Verteidigers für sich betrachtet noch nicht aus. Nichts anderes folge daraus, dass der Verteidiger in seinem Plädoyer beantragt habe, die Einziehung nicht anzuordnen. Die Erforderlichkeit dieses Antrags erschließe sich der Kammer nach allem nicht; richtig dürfte jedenfalls sein, dass eine Einziehung nicht schon dann in Betracht komme, wenn der Verteidiger sie in seinem Antrag ohne Not thematisiere.