1. Gesetzliche Grundlage
Nach Auffassung des VGH Baden-Württemberg können einem bedürftigen Beteiligten in entsprechender Anwendung von § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 122 Abs. 1 ZPO aus der Staatskasse Reisekosten bewilligt werden (s. BVerwG RVGreport 2017, 235; VGH Baden-Württemberg Justiz 2010, 268; OVG NRW, Beschl. v. 18.9.2019 – 12 A 3552/18, juris Rn 9 ff.; OVG Sachsen, Beschl. v. 16.12.2019 – 5 E 108/19, juris Rn 3). Der Auffassung, dass die Bewilligung von Reisekosten außerhalb der Vorschriften über die Bewilligung von PKH nach der VwV Reiseentschädigung erfolgen kann (s. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 13.9.2006 – 1 O 196/01, juris Rn 2; OVG Sachsen NVwZ-RR 1999, 814), hat der VGH Baden-Württemberg eine Absage erteilt. Dagegen spreche bereits, dass es sich bei der VwV Reiseentschädigung um eine Verwaltungsvorschrift handele. Solchen Verwaltungsvorschriften komme Außenwirkung nur unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung zu. Aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit komme jedoch eine Selbstbindung der Rspr. nur ausnahmsweise und in engen Grenzen in Betracht. Es könne aber nicht im jeweiligen Ermessen des einzelnen Gerichts stehen, ob es Reisekosten bewillige oder nicht.
2. Keine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung erforderlich
Entgegen der Auffassung des VG Stuttgart setzt die Bewilligung von Reisekosten nach den weiteren Ausführungen des VGH Baden-Württemberg keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung voraus. Vielmehr sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Teilnahme des Bedürftigen an der mündlichen Verhandlung für eine vernünftige Prozessführung notwendig sei. Dies ist allerdings in der Rspr. umstritten.
a) Hinreichende Erfolgsaussicht erforderlich
Nach einer Auffassung kommt die Bewilligung von Reisekosten nur dann in Betracht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1997 – 3 PKH 1.97, juris Rn 5; OVG Berlin-Brandenburg NJW 2009, 388; OVG Hamburg, Beschl. v. 9.3.2010 – 3 So 190/08, juris Rn 4; BGH, Beschl. v. 4.3.2005 – AnwZ (B) 53/03 und AnwZ (B) 79/03, juris Rn 12).
b) Terminsteilnahme notwendig
Nach einer anderen Auffassung sind einem mittellosen Beteiligten die Terminsreisekosten unabhängig von den Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung jedenfalls dann zu erstatten, wenn die Terminsteilnahme für eine vernünftige Prozessführung notwendig ist (OVG NRW, Beschl. v. 25.1.2018 – 9 E 69/1, juris Rn 16; Bay. VGH BayVBl 2009, 608 und BayVBl 2006, 445; s. auch BVerwG RVGreport 2017, 235 [Hansens]).
c) Die Auffassung des VGH Baden-Württemberg
Der VGH Baden-Württemberg hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Dies hat der VGH u.a. damit begründet, die Bewilligung von PKH einerseits und die Bewilligung von Reiskosten zum Verhandlungstermin andererseits verfolgten zumindest teilweise verschiedene Zwecke. Während die PKH-Bewilligung überhaupt erst den Zugang zu dem Gericht ermöglichen soll, sei in den Fällen, in denen die Bewilligung von Reisekosten zum Verhandlungstermin beantragt werde, bereits ein Gerichtsverfahren anhängig. Es gehe dabei somit nicht in erster Linie um den Zugang zum Gericht, sondern um den Anspruch auf rechtliches Gehör. Gerade dieser Anspruch auf rechtliches Gehör und das in ihm enthaltene Äußerungsrecht der Beteiligten könne es im Einzelfall erforderlich machen, den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, den Verhandlungstermin zum Zwecke der Darlegung ihrer Standpunkte wahrzunehmen.
Nach Auffassung des VGH Baden-Württemberg bedeutet dies jedoch nicht, dass allein die Tatsache, dass eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, zur Bewilligung von Reisekosten nötigen würde. Wenn nämlich auch ein bemittelter, vernünftig haushaltender Beteiligter die Teilnahme an der Verhandlung zur verständigen Wahrnehmung seiner Rechte nicht als erforderlich ansehen würde, bestehe auch kein Anlass, einem Unbemittelten Reisekosten hierfür zu bewilligen (s. BVerwG RVGreport 2017, 235 [Hansens]).
Dies hat der VGH Baden-Württemberg damit begründet, die Bewilligung von Reisekosten für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung diene ausschließlich der weitgehenden Angleichung der Situation Unbemittelter mit der Bemittelter. Folglich werde eine Teilnahme des Bedürftigen an der mündlichen Verhandlung für eine vernünftige Prozessführung insbesondere dann nicht notwendig sein, wenn erkennbar sei, dass er zum Rechtsstreit nichts beitragen könne oder wenn die Kosten der Anreise zum Termin außer Verhältnis zum Streitgegenstand stünden.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der VGH Baden-Württemberg die Teilnahme der Klägerin an der mündlichen Verhandlung hier für vernünftiger Weise geboten angesehen. Zwar seien die (schriftlichen) Ausführungen der Klägerin mitunter schwer verständlich und von erheblicher Unsachlichkeit geprägt. Jedoch könne jedenfalls derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zum Rechtsstreit überhaupt nichts beitrag...