Grundlage für die Änderung dieser Gebührenvorschriften, die mit Wirkung zum 1.8.2022 in Kraft getreten sind, ist das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe (BRAORefG – BGBl I 2021, S. 2363). Durch dieses Gesetz werden den Anwälten und den Steuerberatern gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit gewährt, indem weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für alle anwaltlichen, patentanwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften geschaffen wurden. Außerdem wird durch dieses Gesetz die interprofessionelle Zusammenarbeit erleichtert. Ferner wird durch dieses Gesetz die Berufsausübungsgesellschaft als zentrale Organisationsform anwaltlichen, patentanwaltlichen und steuerberatenden Handelns anerkannt. Ferner regelt das Gesetz Neuerungen im Berufsrecht. In Art. 22 hat das BRAORefG folgende Änderungen des RVG vorgenommen:
1. Amtliche Inhaltsübersicht
In der amtlichen Inhaltsübersicht des RVG, in der die einzelnen Paragraphen des RVG aufgenommen wurden, wurde die Inhaltsübersicht zu § 41 RVG geändert. Statt wie bisher dort die Vergütung des Prozesspflegers aufgeführt wurde, bestimmt die neu gefasste Inhaltsübersicht in § 41 RVG die Vergütung besonderer Vertreter.
2. § 1 Abs. 1 S. 2 RVG
Diese Vorschrift regelt den persönlichen Anwendungsbereich des RVG. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 RVG gilt das RVG für die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. S. 2 regelt die Fälle, in denen das RVG ebenfalls Anwendung findet. Bisher war in dieser Vorschrift lediglich die Tätigkeit als Prozesspfleger nach den §§ 57 und 58 ZPO geregelt. Durch das BRAORefG wurde das Wort "Prozesspfleger" durch die Wörter "besonderer Vertreter" ersetzt. Außerdem wurde der Anwendungsbereich des RVG durch Einfügung in § 1 Abs. 1 S. 2 RVG auch auf die besonderen Vertreter nach § 118e BRAO, nach § 103b PatO und nach § 111c des StBerG ergänzt. Hierdurch wird sichergestellt, dass der im anwaltsgerichtlichen bzw. berufsgerichtlichen Verfahren im Falle einer Vertretungslosigkeit der Berufsausübungsgesellschaft zu bestellende besondere Vertreter gebührenrechtlich behandelt wird wie der früher als Prozesspfleger in den §§ 57 und 58 ZPO aufgeführte Vertreter.
3. § 41 RVG
§ 41 RVG regelte bisher die Vergütung des Prozesspflegers nach §§ 57 oder § 58 RVG. Dort wurde bestimmt, dass der als solcher Vertreter bestellte Rechtsanwalt die Vergütung eines zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts verlangen kann. Durch das BRAORefG wurde diese Vorschrift ergänzt. Nach der Neufassung kann der Rechtsanwalt, der als besonderer Vertreter nach §§ 57 oder 58 ZPO oder § 118e BRAO, § 103b PatO oder § 111c StBerG als besonderer Vertreter bestellt ist, von dem Vertretenen die Vergütung eines zum Prozessbevollmächtigten verlangen. Gleiches gilt nach der Einfügung für einen zum Verteidiger gewählten Rechtsanwalt.
Unverändert geblieben sind die in § 41 S. 2 und 3 RVG enthaltenen Regelungen. Der besondere Vertreter kann somit von dem Vertretenen keinen Vorschuss fordern. Für die Kostenfestsetzung ist nach wie vor § 126 ZPO für den besonderen Vertreter entsprechend anzuwenden.
4. § 45 RVG
§ 45 RVG betrifft den Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts. Nach dessen Abs. 1 erhält sowohl der im Wege der PKH beigeordnete als auch der nach § 57 oder § 58 ZPO zum Prozesspfleger bestellte Rechtsanwalt, der in Verfahren vor den Bundes- oder Landesgerichten tätig geworden ist, die gesetzliche Vergütung aus der entsprechenden Staatskasse. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift wurde durch das BRAORefG ganz allgemein auf die in § 1 Abs. 1 S. 2 und § 41 RVG aufgeführten besonderen Vertreter erweitert. Somit erhält auch der im anwaltsgerichtlichen oder berufsgerichtlichen Verfahren im Falle einer Vertretungslosigkeit der Berufsausübungsgesellschaft bestellte besondere Vertreter seine Vergütung aus der Staatskasse.