Der vormals Beschuldigte wurde am 29.6.2022 festgenommen und zur Eröffnung des Haftbefehls dem Ermittlungsrichter beim AG Stuttgart vorgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wurde er bereits von Rechtsanwalt R 1 als Wahlverteidiger vertreten. Weil Rechtsanwalt R 1 aber verhindert war, erklärte sich der Beschuldigte damit einverstanden, im Vorführungstermin vom Rechtsanwalt R 2 vertreten zu werden. Das AG bestellte diesen daraufhin "für den heutigen Anhörungstermin" zum Pflichtverteidiger. In seiner richterlichen Vernehmung machte der Beschuldigte weder zur Person noch zur Sache Angaben und Rechtsanwalt R 2 beantragte, den Haftbefehl entweder nicht zu erlassen oder aber gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen. In der Folge erließ das AG den Haftbefehl jedoch und setzte ihn in Vollzug. Im weiteren Verlauf des Verfahrens trat Rechtsanwalt R 2 für den Angeklagten nicht mehr auf.
Der Rechtsanwalt R 2 hat beantragt, seine Pflichtverteidigervergütung festzusetzen. Er hat eine Grundgebühr Nr. 4101 VV, eine Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV sowie eine Vernehmungsterminsgebühr Nr. 4103 VV und die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV zzgl. Umsatzsteuer geltend gemacht. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, der Strafprozessordnung sei ein "beschränkter" Pflichtverteidiger fremd. Auch der lediglich für einen Termin bestellte Pflichtverteidiger sei ein Verteidiger mit allen Rechten und Pflichten und deshalb umfassend mit der Wahrnehmung der Verteidigerrechte und -pflichten betraut. Es handele sich lediglich um einen zeitlich begrenzten Auftrag ohne inhaltliche Beschränkung. Eine Einzeltätigkeit liege nicht vor, denn auch der für einen Termin bestellte Verteidiger müsse sich vollständig und selbstständig in den Rechtsfall einarbeiten. Darüber hinaus sei auch nicht nur die Terminsgebühr angefallen. Denn mangels Verhandelns i.S.d. Nr. 4102 Nr. 3 VV entstehe diese Gebühr im Rahmen der Eröffnung eines Haftbefehls nicht. Der Pflichtverteidiger müsse daher ohne Vergütung tätig werden, würde man dieser Auffassung folgen.
Das AG ist nur von einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV ausgegangen, denn der Rechtsanwalt sei lediglich für die Einzeltätigkeit der Vertretung des Angeklagten im Rahmen der Haftbefehlseröffnung beigeordnet worden. Mit der Verteidigung i.Ü. sei bereits Rechtsanwalt R 1 beauftragt. Dagegen hat Rechtsanwalt R 2 Erinnerung eingelegt, die das AG zurückgewiesen hat. Auf die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hat das LG die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen und die weitere Beschwerde zugelassen. Maßgeblich für die Abgrenzung eines Einzeltätigkeitsauftrags von einer Vollverteidigung sei die gerichtliche Bestellung. Nach dieser sei der Beschwerdeführer ausschließlich für die Haftbefehlseröffnung beigeordnet worden. Die Auffassung, dass jede Pflichtverteidigerbeiordnung zur Entstehung einer Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr führe, finde im Wortlaut der Vorbem. 4.3 VV keinen Halt. Eine einzeltätigkeitsbezogene Pflichtverteidigerbeiordnung sei ohne Weiteres mit dem Wortlaut vereinbar. Auch die Systematik der Nr. 4301 VV spreche gegen eine Entstehung darüberhinausgehender Gebühren. Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung führe dazu, dass der Gebührentatbestand Nr. 4301 VV auf Pflichtverteidiger grds. nicht anwendbar sei. Die weitere Beschwerde hatte beim OLG keinen Erfolg.