Das OLG hält ausdrücklich an seiner bisherigen Rspr. (Beschl. v. 20.5.2009 – 2 Ws 132/09, RVGreport 209, 464 = Rpfleger 2009, 645 = VRR 2009, 399 = StRR 2010, 115 = AGS 2009, 534; s. auch noch StRR 2010, 443 [Ls.]), wonach die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV nicht anfällt, wenn der Verteidiger den Verurteilten dahingehend berät, ein den Rechtszug beendendes Urteil oder den erlassenen Strafbefehl hinzunehmen und nicht dagegen vorzugehen. Dabei sei es unerheblich, ob, wie vorliegend, von Anfang an übereinstimmend das Strafbefehlsverfahren gewählt werde oder die Staatsanwaltschaft zunächst Anklage erhoben habe und dann entweder durch Rücknahme der Anklage oder gem. § 408a StPO zum Strafbefehlsverfahren übergegangen werde.
1. Gesetzliche Regelung Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV
Gesetzlich geregelt sei in Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV der Fall, dass durch die anwaltliche Mitwirkung eine Hauptverhandlung dadurch entbehrlich werde, dass sich das gerichtliche Verfahren durch rechtzeitige Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl erledige. Diese Fallgestaltung liegt nicht vor.
2. Übergang in Strafbefehlsverfahren/frühere Argumentation
Zu der Fallgestaltung, dass nach Eröffnung des Hauptverfahrens und im Anschluss an einen Hauptverhandlungstermin nach § 408a StPO in das Strafbefehlsverfahren übergegangen, ein Strafbefehl erlassen und kein Einspruch gegen diesen eingelegt werde, habe der Senat im Beschl. v. 20.5.2009 (a.a.O.) ausgeführt, dass Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV nach seinem Wortlaut nur auf endgültig verfahrensbeendende Maßnahmen unter verfahrensfördernder anwaltlicher Mitwirkung gerichtet sei. Damit sei der dieser Entscheidung zugrunde liegende Fall schon deshalb nicht mit der gesetzlich geregelten Fallgestaltung vergleichbar, weil der Angeklagte gegen den erlassenen Strafbefehl durch eine Einspruchseinlegung nach § 410 Abs. 1 S. 1 StPO die Anberaumung einer Hauptverhandlung hätte erzwingen können. Es findet somit lediglich ein Übergang in eine andere Verfahrensart statt, ohne dass damit eine Erledigung des Verfahrens verbunden wäre.
In dem Beschluss habe der Senat weiter ausgeführt, dass auch keine versehentliche Regelungslücke vorliegt, die Anlass für eine erweiternde Anwendung dieses Gebührentatbestandes geben würde. Die Möglichkeit, nach § 408a StPO nach Eröffnung des Hauptverfahrens in das Strafbefehlsverfahren überzugehen, besteht seit 1.4.1987. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass diese strafprozessuale Regelung zur Verfahrensvereinfachung dem Gesetzgeber bei Einführung des RVG, das am 1.7.2004 in Kraft getreten sei, bekannt gewesen sei und gebührenrechtlich hätte berücksichtigt werden können, wenn dies gewollt gewesen wäre. Dass der Gesetzgeber sich der Möglichkeit für differenzierte Regelungen bewusst war, zeige ein Vergleich mit der für das Ordnungswidrigkeitenverfahren getroffenen Regelung der Mitwirkungsgebühr in Nr. 5115 VV. In Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 5115 VV werde abweichend zu Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV und der hierzu vergleichbaren Regelung in Anm. Abs. 1 Nr. 4 zu Nr. 5115 VV, die jeweils auf eine endgültige Verfahrensbeendigung abstellen, die zusätzliche Gebühr auch dann gewährt, wenn der Verteidiger unter Verzicht auf eine Hauptverhandlung eine Entscheidung im Beschlussweg nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG ermögliche, er mithin lediglich zu einer Verfahrensvereinfachung beitrage. Ferner komme nach Anm. Abs. 1 Nr. 3 zu Nr. 5115 VV die zusätzliche Gebühr dann in Betracht, wenn ein Bußgeldbescheid nach Einspruch von der Verwaltungsbehörde zurückgenommen und gegen einen neuen Bußgeldbescheid kein Einspruch eingelegt werde. Diese Regelung lege zugrunde, dass die Verwaltungsbehörde aufgrund der Mitwirkung des Anwalts einen Bußgeldbescheid etwa aus formellen Gründen zurücknehmen müsse, ein neuer Bußgeldbescheid jedoch mit besserer Begründung oder in einwandfreier Form gleichwohl ergehen könne und dann vom Betroffenen hingenommen werde (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., 2005, Nr. 5115 VV Rn 6).
Von solchen weiteren Möglichkeiten für das Entstehen der zusätzlichen Gebühr habe der Gesetzgeber für das Strafverfahren jedoch gerade keinen Gebrauch gemacht, obwohl eine vergleichbare Regelung, dass eine zusätzliche Gebühr auch dann entstehe, wenn der Angeklagte nach Eröffnung des Hauptverfahrens unter Vermeidung einer (weiteren) Hauptverhandlung einen Strafbefehl akzeptiert und gegen diesen keinen Einspruch einlegt, durchaus möglich gewesen wäre.