1. Es bleibt auch nach dieser Entscheidung dabei: Die (kostenneutrale) Umbeiordnung eines Pflichtverteidigers ist möglich, allerdings muss der neue Pflichtverteidiger auf "Mehrkosten" verzichten. Vor Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung zum 13.12.2019 war teilweise umstritten, ob eine kostenneutrale Umbeiordnung und einen Verzicht auf Pflichtverteidigergebühren zulässig ist oder nicht (vgl. dazu die Rspr.-Nachw. bei Hillenbrand, in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 9. Aufl., 2022, Rn 3540). Dieser Streit hat sich nach Inkrafttreten der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung nicht fortgesetzt. Soweit ersichtlich haben alle Gerichte, die sich seitdem mit der Frage befasst haben, die Zulässigkeit bejaht (OLG Celle AGS 2019, 333 = RVGreport 2019, 254 = StraFo 2019, 263 = AGS 2019, 333 = Rpfleger 2019, 424; LG Braunschweig, Beschl. v. 3.9.2020 – 4 Qs 180/20, AGS 2021, 112 = StraFo 2020, 514). Das ist im Hinblick auf die zutreffende h.M. zum früheren Recht zutreffend.
2. Allerdings gilt auch nach neuem Recht das, was das LG Braunschweig hier noch einmal betont: Auch nach neuem Recht kommt eine Umbeiordnung unter der Voraussetzung, dass für die Staatskasse keine Mehrkosten entstehen, nur in Betracht, wenn der neue Pflichtverteidiger ggf. einen Verzicht auf beim alten Pflichtverteidiger bereits entstandene Gebühren erklärt hat (so bereits LG Braunschweig, Beschl. v. 3.9.2020 – 4 Qs 180/20, AGS 2021, 112 = StraFo 2020, 514; vgl. zum früheren Recht LG Hagen, Beschl. v. 3.8.2015 – 31 Qs 1/15, StRR 2015, 463). Der Verzicht muss m.E. ausdrücklich erklärt werden, eine konkludente Erklärung ist im Hinblick auf die erforderliche Klarheit für das Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht möglich.
3. Nimmt der umbeiordnende Gericht – wie hier – eine Beschränkung vor, ohne dass ein wirksamer Verzicht des neuen Pflichtverteidigers auf die Mehrkosten vorliegt, muss der neue Pflichtverteidiger dagegen Rechtsmittel einlegen. Das zutreffende Rechtsmittel ist, da es sich um eine Frage in Zusammenhang mit der Pflichtverteidigerbestellung handelt, gem. §§ 142 Abs. 7, 143a Abs. 4 StPO die sofortige Beschwerde. Für sie gilt die Frist des § 311 Abs. 2 StPO, also eine Woche.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 4/2023, S. 188 - 190