Rechtsanwalt R 2 sei, so das OLG, dem Beschuldigten mit Beschluss des AG vom 24.8.2021 für den Termin zur Haftbefehlseröffnung, nachdem ein Fall notwendiger Verteidigung gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO vorlag und weil die zuvor bereits bestellte Pflichtverteidigerin an der Wahrnehmung des für diesen Tag angesetzten Termins zur Haftbefehlseröffnung verhindert gewesen sei, als Pflichtverteidiger bestellt worden.

In Rspr. und Lit. sei umstritten, ob der wegen der Abwesenheit des verhinderten Pflichtverteidigers (nur) für einen Termin zur Haftbefehlseröffnung, einen Haftprüfungstermin oder für einen oder mehrere einzelne Hauptverhandlungstage beigeordnete Verteidiger als Vergütung für seine Tätigkeit nur die Terminsgebühr erhalte, oder ob ihm darüber hinaus auch eine Grund- und ggf. eine Verfahrensgebühr zustehe (vgl. die Nachw. zum Streitstand bei Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021 Nr. 4100, 4101 VV, Rn 5; BeckOK RVG/Knaudt, 58. Ed., 1.12.2022, VV Vorbemerkung 4 Rn 19–22). Nach ganz überwiegender vom OLG für zutreffend erachteter Auffassung sei allerdings die zeitlich beschränkte Beiordnung eines Verteidigers für einen gerichtlichen Termin nicht – wie vorliegend vom AG und LG angenommen – als "Einzeltätigkeit" i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 VV. Denn der, wenn auch zeitlich beschränkt, bestellte Verteidiger, dem in diesem Verfahrensabschnitt die eigenverantwortliche, umfassende Wahrnehmung der Rechte des Beschuldigten/Angeklagten obliegt, sei einem (gewählten oder bestellten) "Beistand" i.S.v. Nr. 4301 Nr. 4 VV, dessen Auftrag sich auf die Erbringung bestimmter Beistandsleistungen beschränkt, nicht gleichzustellen (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV Einl. Vorb. 4.1. Rn 12 mit Rspr.-Nachw.; in BeckOK RVG/Knaudt, 58. Ed., 1.12.2022, VV 4301 Rn 12; u.a. KG NStZ-RR 2005, 327; OLG Karlsruhe NJW 2008, 2935 = AGS 2008, 488; OLG München NJOZ 2014, 1478; OLG Nürnberg NStZ-RR 2015, 95 = AGS 2015, 29; OLG Saarbrücken NJOZ 2015, 1166 = RVGreport 2015, 64; a.A.: OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.1.2023 – 4 Ws 137/23, AGS 2023, 162, in diesem Heft; LG Leipzig, Beschl. v. 13.6.2019 – 1 Qs 114/19, RVGreport 2019, 338).

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