§ 46 RVG; § 187 GVG
Leitsatz
- Wird ein Dolmetscher vom Verteidiger beauftragt, hat der Dolmetscher keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Staatskasse, sondern allein gegen seinen Auftraggeber. Dieses kann sich dann im Rahmen des Erforderlichen gegenüber der Staatskasse schadlos halten.
- Es handelt sich um einen Auslagenerstattungsanspruch sui generis unabhängig von der Art der Verteidigung und der Frage einer Verurteilung.
- Die wörtliche Übersetzung der gesamten Akte oder einzelner Aktenbestandteile gehört in der Regel gerade nicht zu den insoweit erforderlichen Translationsleistungen.
LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 24.2.2023 – 20 KLs 358 Js 11338/21
I. Sachverhalt
Das AG hat gegen den Angeklagten einen nationalen Haftbefehl sowie einen Europäischen Haftbefehl erlassen. Der Beschuldigte wurde im Ausland festgenommen und in der Folge in die Bundesrepublik Deutschland überstellt. Im Verfahren hat das AG festgestellt,
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage zum LG erhoben. Das LG hat dann den Angeklagten mit Urt. v. 10.2.2023 wegen Verstoßes gegen das BtMG verurteilt. Im Verlauf des Verfahrens beauftragte der Wahlverteidiger Dolmetscherin mehrfach als Dolmetscherin sowie Übersetzerin. Diese hat ihre Rechnungen zur Begleichung an die StA adressiert. Die StA erachtet sich als nicht zuständig. Die Kostenbeamtin beim Ermittlungsrichter hat geltend gemacht, dass eine dortige Zuständigkeit nur insoweit vorliege, als vom Ermittlungsrichter selbst die Beauftragung erfolgt sei, i.Ü. vor Anklageerhebung die StA, nach Anklageerhebung das zuständige Gericht der Hauptsache zur Entscheidung berufen sei. Das LG hat auf Vorlage der Akten festgestellt, dass es zur Entscheidung über die Kostenerstattung nicht zuständig sei.
II. Keine Auftragserteilung durch das LG
Nach seiner Auffassung ist LG ist für die Entscheidung über die geltend gemachten Anweisungen zur etwaigen Kostenerstattung unmittelbar an die Dolmetscherin/Übersetzerin nicht zuständig. Eine Auftragserteilung oder Beiordnung durch die Strafkammer habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Bereits das reiche, um die seitens der Staatsanwaltschaft an das LG Fürth herangetragene Entscheidungszuständigkeit zu verneinen.
III. Klarstellende Hinweise
Ergänzend hat die die Kammer angesichts der vorhandenen Unklarheiten im Geschäftsgang auf Folgendes hingewiesen:
1. Art der Hinzuziehung des Dolmetschers
Die Anträge der Dolmetscherin/Übersetzerin an die StA seien unzutreffend adressiert, da von dort aus keine Beauftragung ihrer Person stattgefunden habe. Die Dolmetscherin/Übersetzerin müsse sich an den Rechtsanwalt als ihren Auftraggeber halten. Dieser müsste sodann – strafprozessual erforderliche – Translationsleistungen als zu erstattende Aufwendungen gegen die Staatskasse geltend machen. Es gebe letztlich mehrere Wege, wie ein Dolmetscher/Übersetzer im Strafverfahren hinzugezogen werden kann. Hiervon hänge wiederum der zu beachtende Zahlungsweg ab.
a) Hinzuziehung durch das Gericht
Einerseits könne die Heranziehung/Beiordnung durch das zuständige Gericht erfolgen, § 187 Abs. 1 S. 1 GVG. In diesem Falle sei der Dolmetscher/Übersetzer unmittelbar durch das Gericht beauftragt, sodass sich der Zahlungsanspruch gegen das beauftragende Gericht richtet. Eine solche Beiordnung könne von Amts wegen sowie auf Antrag des Beschuldigten respektive seines Verteidigers erfolgen. Ein vorgeschaltetes Antragsverfahren ist dabei nicht obligatorisch (BVerfG NJW 2004, 50, 51; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., 2021, § 187 Rn 23), jedoch zulässig (BVerfG, a.a.O., s. auch OLG Celle 9.3.2011 – 1 Ws 102/11, NStZ 2011, 718; LG Freiburg 23.9.2011 – 6 Qs 44/11, NStZ-RR 2012, 292; Kissel/Mayer, a.a.O.). Die Zuständigkeit richte sich nach dem Verfahrensstadium. Im Ermittlungsverfahren sei der Ermittlungsrichter zuständig (BGH, Beschl. v. 5.3.2018 – 5 BGs 47/18), nach Anklageerhebung das mit der Sache befasste Gericht. Eine Zuständigkeit der StA werde sich nur insoweit ergeben, als ihr originär zugeordnete oder im Wege der Haftüberwachung vom Gericht nach § 119 Abs. 2 S. 2 StPO übertragene Aufgaben betroffen seien.
Auch insofern könne und sei die Beiordnung auf diejenigen Gespräche und denjenigen Schriftverkehr zu beschränken, die zur Ausübung der strafprozessualen Rechte des Beschuldigten erforderlich sind (BGH, a.a.O.; LG Freiburg, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, 65. Aufl., 2022, § 187 GVG Rn 1). Denn § 187 GVG begründe nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und seiner Entstehungsgeschichte keinen generellen Übersetzungsanspruch (BGHSt 64, 283 = NJW 2020, 2041, 2042). Der pauschal formulierte Beschluss des Ermittlungsrichters stelle ersich...