§ 55 RVG; § 464b StPO; § 104 ZPO
Leitsatz
Ein elektronisches Dokument in Form eines Scans des schriftlichen Originals ist zum Nachweis der Vollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren nicht ausreichend.
KG, Beschl. v. 12.1.2024 – 1 Ws 122/23
I. Sachverhalt
Der Rechtsanwalt war einem in der Sicherungsverwahrung untergebrachten Mandanten gem. § 109 Abs. 3 StVollzG als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet. Mit Beschl. v. 19.6.2023 hat die Strafvollstreckungskammer die Maßregelvollzugssache des Antragstellers abschließend entschieden und sprach dabei aus, dass die Landeskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers zu tragen hat.
Bereits am 20.6.2023 beantragte der Rechtsanwalt, die notwendigen Auslagen des Antragstellers auf insgesamt 367,23 EUR festzusetzen. Den Kostenfestsetzungsantrag übermittelte er elektronisch über sein besonderes Anwaltspostfach (beA) und fügte diesem eine eingescannte Vollmachtsurkunde bei, die auf den 16.5.2023 datiert ist, augenscheinlich den Namenszug des Antragstellers trägt und dem Rechtsanwalt u.a. Vollmacht für das Kostenfestsetzungsverfahren und zur Empfangnahme zu erstattenden Kosten und notwendiger Auslagen erteilt. Sowohl den Kostenfestsetzungsantrag als auch das vorgenannte Dokument signierte der Rechtsanwalt elektronisch.
Daraufhin teilte der Rechtspfleger des LG u.a. mit, dass die Geldempfangsvollmacht im Original eingereicht werden müsse, weil die Übersendung über das beA nicht genüge. Nachdem der Rechtsanwalt mitteilte, die Vollmachtsurkunde bereits elektronisch signiert übersandt zu haben, erklärte die Bezirksrevisorin, dass es aus ihrer Sicht des Nachweises einer Antragsberechtigung in Form einer aktuellen Vollmacht mit Geldempfangsvollmacht im Original bedürfe. Der Rechtsanwalt erwiderte darauf, dass er den übermittelten und von ihm signierten Scan für ausreichend halte, und bat um eine rechtsmittelfähige Entscheidung. Zudem übermittelte er einen Scan einer weiteren inhaltsgleichen und vom 4.8.2023 datierenden Vollmachtsurkunde per beA, den er wiederum elektronisch signierte.
Die Bezirksrevisorin hielt daran fest, dass sie die Vorlage der Vollmachtsurkunde im Original für erforderlich halte, woraufhin der Rechtspfleger den Rechtsanwalt unter Fristsetzung aufforderte, die Prozessvollmacht binnen drei Wochen im Original vorzulegen. Nachdem dieser der Aufforderung nicht nachgekommen war, hat das LG den "von Rechtsanwalt X gestellten und unterzeichneten" Kostenfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Hiergegen hat der Rechtsanwalt sofortige Beschwerde eingelegt, die beim KG keinen Erfolg hatte.
II. Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde
1. Beschwerdeführer
Das KG hat die sofortige Beschwerde gem. § 464b S. 3 und 4 StPO i.V.m. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO als statthaft angesehen. Beschwerdeführer sei hier der Antragsteller und nicht der Rechtsanwalt. Auch wenn dieser die sofortige Beschwerde nicht ausdrücklich namens des Antragstellers eingelegt habe, handele er ohne Zweifel in dessen Namen. Bereits mit dem Kostenfestsetzungsantrag habe er nämlich beantragt, die notwendigen Auslagen des Antragstellers festzusetzen und einen Scan der Vollmachtsurkunde nebst Geldempfangsvollmacht übermittelt.
2. "Wirksamkeitsstreit"
Der Streit um den wirksamen Nachweis der Vollmacht berührt nach Auffassung des KG die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht. Denn ungeachtet dessen, dass bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens eine wirksame Bevollmächtigung zu unterstellen sein könne, wenn Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gerade die Wirksamkeit der Bevollmächtigung sei (vgl. BSG, Beschl. v. 18.5.2022 – B7/14 AS 225/21 B), richte sich das Beschwerdeverfahren gegen die Kostenfestsetzung nach § 464b StPO nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers nach den Vorschriften der StPO.
III. Vorlage der Vollmacht
Nach Ansicht des KG ist aber der Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers zu Recht zurückgewiesen worden, weil der Rechtsanwalt seine wirksame Bevollmächtigung nicht in der hierfür erforderlichen Form nachgewiesen habe.
1. Entsprechende Anwendung der ZPO
Zu den nach § 464b S. 3 StPO im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend anzuwendenden Vorschriften der ZPO gehören – so das KG – auch die für alle Verfahrensarten gültigen grundsätzlichen Bestimmungen über Prozessbevollmächtigte und Beistände in den §§ 78–90 ZPO (vgl. BGH NJW 2011, 3722 m.w.N.). Gem. § 80 S. 1 ZPO sei die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen. Die Bezirksrevisorin des LG habe die Nichteinreichung der Vollmacht gerügt, sodass das LG trotz des Umstandes, dass es sich bei dem als Bevollmächtigten Auftretenden hier um einen Rechtsanwalt handelte (§ 88 Abs. 2 ZPO), die Bevollmächtigung auch zu Recht geprüft habe.
2. Schriftliche Vollmacht erforderlich
Ebenfalls zu Recht sei es dabei von deren nicht wirksamem Nachweis ausgegangen. Bei der von dem Rechtsanwalt per beA übersandten und signierten Datei des Scans der Vollmachtsurkunde handele es sich nicht um eine schriftlich zu den Gerichtsakten gereichte Vollmacht i.S.d. des § 80 Abs. 1 ZPO. Diese Norm verlange die schriftliche Einreichung der V...