1.  Der Senat folgt grundsätzlich der mittlerweile in der Rspr. der Oberlandesgerichte vorherrschenden Ansicht, dass auch bei der Vergütungsfestsetzung für einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt die Anrechnungsvorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV Anwendung findet (i.d.S. auch OLG Braunschweig, Beschl. v. 12.9.2008, AGS 2008, 606; OLG Bamberg, Beschl. v. 21.8.2008, JurBüro 2008, 640; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.11.2008 – I – 10 W 109/08 [= AGS 2009, 120]; OLG Koblenz, Beschl. v. 14.11.2008–9 WF 728/08; OLG Celle, Beschl. v. 13.11.2008–10 WF 312/08; OLG Oldenburg, Beschl. v. 27.5.2008–2 WF 81/08 sowie Beschl. v. 8.5.2008–8 W 57/08; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 2.11.2007–13 Ta 181/07, Niedersächs. OVG, Beschl. v. 29.4.2008–13 OA 39/08; a.A. OLG Oldenburg, Beschl. v. 18.2.2008–6 W 8/08 und OLG Stuttgart FamRZ 2008, 1013).

Wie der BGH in Kostenfestsetzungsverfahren bereits mehrfach entschieden hat, entsteht die Verfahrensgebühr aufgrund der Anrechnungsvorschrift von vorneherein nur in gekürzter Höhe, so dass im Rahmen der Kostenfestsetzung auch keine darüber hinausgehende Kostenerstattung in Betracht komme. Ob die vom Prozessgegner auf materiell-rechtlicher Grundlage zu erstattende Geschäftsgebühr unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist, sei bereits nach dem klaren Wortlaut der Anrechnungsbestimmung ohne Bedeutung. Für die Anrechnung und damit die von selbst einsetzende Kürzung sei nach dieser Vorschrift vielmehr entscheidend, ob und in welcher Höhe eine Geschäftsgebühr bei vorausgesetzter Identität des Streitgegenstandes entstanden ist, der Rechtsanwalt zum Zeitpunkt des Entstehens der Verfahrensgebühr also schon einen Anspruch auf eine Geschäftsgebühr aus seinem vorprozessualen Tätigwerden erlangt hatte (BGH NJW 2008, 1323, 1324 [= AGS 2008, 158]).

Aus diesen Ausführungen, die auch vom Senat geteilt werden, folgt zwingend, dass auch bei der Vergütungsfestsetzung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts die Verfahrensgebühr entsprechend zu kürzen ist, wenn die Voraussetzungen der Anrechnungsvorschrift vorliegen. Denn die Verfahrensgebühr entsteht dann von vorneherein nur in gekürzter Höhe, so dass sie nicht in voller Höhe festgesetzt werden kann. Dies gilt unabhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, denn der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt erhält – vorbehaltlich der Sonderregelungen in Abschnitt 8 des RVG – gem. § 45 Abs. 1 RVG die gesetzliche Vergütung. Er soll also gegenüber dem nicht im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt nicht besser gestellt werden. Sondervorschriften, welche der genannten Anrechnungsvorschrift vorgehen würden, enthalten die §§ 45 RVG nicht. Der in diesem Zusammenhang teilweise zitierte § 58 Abs. 2 RVG ist insoweit nicht einschlägig, da er die Frage der Verrechnung von Vorschüssen und Zahlungen betrifft, während es hier um die vorgelagerte Frage der Entstehung des Gebührenanspruchs geht. Auch steht § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO der Anrechnung nicht entgegen, weil diese Forderungssperre nur die nach der PKH-Bewilligung entstehende Vergütung betrifft, während die Geschäftsgebühr bereits zuvor durch die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts für seinen Mandanten entstanden ist.

2.  Im vorliegend zur Entscheidung stehenden Fall scheitert eine Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV indes daran, dass eine Geschäftsgebühr nicht entstanden ist.

Zum Zeitpunkt der Übernahme des Mandats durch den Beteiligten zu 1) lagen auf Seiten der späteren Klägerin die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe unzweifelhaft vor. Die Klägerin ist ein Kind ohne Einkünfte und Vermögen; ihre gesetzliche Vertreterin bezog Leistungen nach dem SGB II. Diese Umstände waren dem Beteiligten zu 1) bei Übernahme des Mandats bekannt. Es bestand vor diesem Hintergrund für den Beteiligten zu 1) sowie die gesetzliche Vertreterin der späteren Klägerin kein Zweifel, dass mangels Leistungsfähigkeit für die Klägerin der Abschluss eines Kosten verursachenden Anwaltsvertrages nicht in Betracht kam. Aus diesem Grunde ist es auch zu einem dahingehenden Vertragsschluss nicht gekommen. Das außergerichtliche Tätigwerden des Beteiligten zu 1) für die Klägerin stellte gegenüber seiner Mandantin aus den genannten Gründen vielmehr die faktische und von einem entsprechenden Willen getragene Gewährung einer Beratungshilfe nach § 2 BerHG dar. Dies folgt nicht zuletzt aus den Ausführungen des Beteiligten zu 1) in seiner Beschwerdeschrift sowie in seiner Stellungnahme, wo u.a. vorgetragen wird, dass die Beantragung von Beratungshilfe ausschließlich deswegen unterblieben sei, weil in Fällen wie dem vorliegenden, nämlich der Geltendmachung von Unterhalt für minderjährige Kinder, es ständige Praxis des zuständigen AG sei, Beratungshilfeanträge mit der Begründung abzulehnen, der Unterhaltsgläubiger könne die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch nehmen. Der Annahme einer Gewährung von Be...

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