GKG § 43; ZPO §§ 114, 621
Leitsatz
- Der Kostenerstattungsanspruch für vorgerichtliche Anwaltstätigkeit ist Familiensache, wenn der zugrundeliegende Gegenstand der Tätigkeit familienrechtlicher Natur ist.
- PKH-Verweigerung für einen Teil des Streitgegenstandes, der keine zusätzlichen Kosten auslöst (Nebenanspruch), ist sinnlos.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.3.2008 – 3 WF 85/08
1 Sachverhalt
Mit seiner Klage verfolgte der Kläger zum einen im Wege der Abänderung den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung aus einem vorausgegangenem Vergleich (Klageantrag zu 1) und (unter Klageantrag zu 2) Zahlung vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 825,27 EUR nebst Zinsen, zu zahlen an seine Prozessbevollmächtigte.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG Prozesskostenhilfe für den Klageantrag zu 1) unter Anordnung von Ratenzahlung und Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt, sie für den Klageantrag zu 2) jedoch verweigert. Hierfür sei das FamG nicht zuständig.
Hiergegen, soweit Prozesskostenhilfe verweigert wird, richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der der Rechtsauffassung, das FamG sei nicht zuständig, entgegentritt.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel ist nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig. Es hat auch in der Sache Erfolg und führt zur ersatzlosen Aufhebung des die Prozesskostenhilfe teilweise verweigernden Teils des angefochtenen Beschlusses.
Der Klageantrag zu 2) betrifft, wie in der Klagebegründung ausgeführt und mit der Beschwerde nochmals verdeutlicht wird, Kosten vorgerichtlicher Tätigkeit seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten, die die Klägerin nach Auffassung des Beklagten materiell-rechtlich als Verzugsschaden schulde. Diese können, wie der BGH gegen die Kritik der Instanzrechtsprechung erneut bekräftigt hat, nicht im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens verfolgt werden, sondern können nur im Wege der ordentlichen Klage, gestützt auf materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen, geltend gemacht werden (BGH, Beschl. v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07 [= AGS 2008, 158]). Regelmäßig wird dies, wenn, wie hier, die Hauptsache noch weiter verfolgt wird, in der Weise geschehen, dass die vorgerichtlichen Kosten als weiterer Klageantrag gestellt werden.
Ein so geltend gemachter Kostenerstattungsanspruch ist Familiensache, wenn er in einem familienrechtlichen Anspruch wurzelt. Familiensachen sind nämlich nicht nur unmittelbare Leistungsansprüche familienrechtlicher Art, hier Unterhalt, sondern auch Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche, die sich auf solche Ansprüche gründen. Damit ist hierfür auch das Familiengericht zuständig. Dass die Klage nicht unmittelbar auf Leistung an den Kläger, sondern auf dessen Weisung an einen Dritten erfolgen soll, ändert hieran nichts. Der Sache nach handelt es sich nämlich um einen Freistellungsanspruch, der hier auch die richtige Form ist, nachdem offenbar der Kläger die Honoraransprüche seines Bevollmächtigten noch nicht erfüllt hat.
Hinzu kommt folgende Erwägung: Der hier verfahrensgegenständliche Kostenerstattungsanspruch ist der Sache nach ein Nebenanspruch neben dem zugleich verfolgten Hauptanspruch. Dies bedeutet, dass er den Streitwert der Hauptsache nicht erhöht (§ 43 GKG). Es entstehen damit keine Mehrkosten, wenn dieser Nebenanspruch vom Kläger im Verfahren verfolgt wird. Der Kläger, dem Prozesskostenhilfe zum Teil verweigert wird, ist nicht daran gehindert, diesen Anspruch auf eigene Kosten weiterzuverfolgen. Er muss dann entsprechend hierfür einen Gerichtskostenvorschuss entrichten, und zwar in Höhe der Differenz zu dem Kostenvorschuss, der sich ergäbe, wenn er hiervon nicht durch teilweise bewilligte Prozesskostenhilfe befreit wäre (Mehrkosten). In Höhe dieser Mehrkosten kann auch sein beigeordneter Prozessbevollmächtigter keine Kostenerstattung aus der Staatskasse verlangen. Entstehen aber solche Mehrkosten nicht, ist eine solche Einschränkung sinnlos. Der Kläger braucht hierfür keinen Vorschuss zu entrichten; sein Prozessbevollmächtigter erhält aus der Staatskasse die gleiche Vergütung wie für die Tätigkeit nur in der Hauptsache.
3 Anmerkung
In einem gleich gelagerten Fall hatte das OLG Oldenburg die Prozesskostenhilfe – zu Recht – versagt.
Die Auffassung des OLG ist unzutreffend. Es ist zwar richtig, dass vorgerichtliche Kosten, sofern sie zusammen mit der Hauptsache, also als Nebenforderung, geltend gemacht werden, den Streitwert des Verfahrens nicht erhöhen (§ 43 Abs. 1 GKG). Es ist jedoch möglich, dass sich die Hauptsache im Verlauf des Rechtsstreits erledigt, so dass dann die Kosten zur Hauptsache (§ 43 Abs. 2 GKG) werden und sehr wohl Gebühren auslösen. Ebenso wäre es möglich, dass nur hinsichtlich der Nebenforderung ein Gebührentatbestand ausgelöst wird, etwa, dass die Klageforderung in der Hauptsache anerkannt wird und die Parteien nur über die Kosten einen Vergleich schließen. Dann würde sich die Einigungsgebühr der Nrn. 1000, 1003 VV gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 43 Abs. 2 GKG nur nach dem Wert der vorgerichtlichen Kosten richten. Es können also sehr wohl Mehrkosten entstehen.
Norbert Schneider