GKG § 48 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3
Leitsatz
- Verweist das AG ein Verfahren an das LG, weil es von einem Streitwert von über 5.000,00 EUR ausgeht, und ist die Verweisung bindend, so ist das Empfangsgericht nicht an die Wertfestsetzung des AG gebunden.
- Es ist jedoch gehindert, den Streitwert unter 5.000,01 EUR festzusetzen.
OLG Köln, Beschl. v. 26.2.2009 – 2 W 16/09 u. 17/09
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte beim AG eine Auskunftsklage eingereicht, da er der Auffassung war, der Streitwert des Verfahrens liege unter 5.000,00 EUR. Das Amtsgericht war der Auffassung, dass der Streitwert über 5.000,00 EUR liege und hat den Zuständigkeitsstreitwert entsprechend festgesetzt und die Sache an das LG verwiesen. Vor dem LG erging dann ein Anerkenntnisurteil, wonach der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte.
Den Streitwert setzte das LG auf 1.000,00 EUR fest, da dies dem Interesse an der begehrten Auskunft entspreche. Hinzu komme, dass der Kläger bei Einreichung der Klage selbst von einem Wert in Höhe von 1.000,00 EUR ausgegangen sei. Der hiergegen vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in eigenem Namen erhobenen Beschwerde hat das LG nicht abgeholfen, sondern sie dem OLG vorgelegt. Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben und den Streitwert auf 5.000,01 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
a) Das LG war aus formalen Gründen gehindert, den Streitwert für die Bemessung der Gebühren auf 1.000,00 EUR festzusetzen. Grundsätzlich richtet sich der Streitwert einer Klage nach den mit ihr zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Klageanträgen, in dem hier gegebenen Fall einer ausschließlichen Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsklage über die Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin nach dem gem. § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Klägers. Dieses Interesse orientiert sich in der Regel daran, in welchem Umfang durch die begehrte Auskunft bzw. die Rechnungslegung die Begründung und Geltendmachung einer beabsichtigten Leistungsklage erleichtert oder überhaupt ermöglicht wird. Dabei ist das Interesse unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit einem Bruchteil des möglichen Leistungsanspruchs zu bemessen. Diese Bewertungsgrundsätze gelten indes dann nicht, wenn das mit der Klage verfolgte Interesse nicht darauf gerichtet ist, konkret eine Leistungsklage vorzubereiten, sondern sich darin erschöpft, eine von dem Beklagten geschuldete Auskunfts- oder Rechnungslegung herbeizuführen. In einem solchen Falle ist für die Wertbemessung des Streitgegenstandes viel mehr auf den Aufwand an Zeit- und Sachmitteln abzustellen, der mit der Erteilung der verlangten Auskunft oder Rechnungslegung verbunden ist (OLG Düsseldorf OLGR 1995, 192; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. 2007, Rn 4467; Zöller/Herget a.a.O. § 3 Rn 16 Stichwort "Rechnungslegung").
Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Nach der Klagebegründung ist die Beklagte als Testamentsvollstreckerin tätig. Sie hat nach den Angaben des Klägers "die selbstverständliche Verpflichtung, den Erben unaufgefordert die erforderlichen Nachrichten über die Testamentsvollstreckertätigkeiten zukommen zu lassen, nicht erfüllt". Allein aus diesem Grunde ist die Klage erhoben worden, um – wie es in der Klageschrift heißt – dem Kläger "Nachrichten und Kenntnisse zu verschaffen, damit er die rechtliche und tatsächliche Situation des Nachlasses richtig und vollständig beurteilen kann".
Damit dient die Klage nach dem mit der Klageschrift aufgezeigten Interesse nicht der Vorbereitung einer beabsichtigten Leistungsklage, sondern ausschließlich der Erfüllung einer nach der Auffassung des Klägers bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung.
Dieses Interesse an der Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung ist an dem Aufwand bemessen, der für ihre Erteilung erforderlich war. Den Zeitaufwand für die Erstellung der Auskunft bzw. der Rechnungslegung sowie für die Mitteilung, wie die Instandhaltungsrücklage angelegt worden ist, schätzt der Senat mangels gegenteiliger Angaben auf eine bis zwei Zeitstunden. Da daraus nicht ersichtlich ist, dass mit der Erteilung der Auskünfte bzw. der Rechnungslegung besondere weitere Kosten verbunden sind, ist das Interesse des Klägers und damit auch der Streitwert auf bis zu 300,00 EUR zu bestimmen.
b) Jedoch ist sowohl das LG als auch der Senat gehindert, den Streitwert für das Klageverfahren entsprechend festzusetzen. Denn einer solchen Entscheidung steht die Bindungswirkung der Wertfestsetzung durch das AG entgegen. Das AG hat durch Beschluss den Streitwert für die Zuständigkeit sowie für das Verfahren auf über 5.000,00 EUR festgesetzt und anschließend den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das LG verwiesen. Diese Wertfestsetzung ist gem. §§ 62 S. 1, 63 Abs. 2 GKG nunmehr für die Berechnung der Gebühren maßgeblich und bindend (vgl. allgemein Senat Rpfleger 1974, 22; Senat JurBüro 1995, 1354; OLG Köln, 12. Zivilsenat, OLGR 2000, 78; KG MDR 1959, 136; OLG Dresden OLGR 2005, 602; OLG Saarbrücken JurBüro 1965, 643; E. Schneider, MDR 1992, 218). Der Sinn dieser Vorschriften besteht darin, ...