Das Kriterium der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit betrifft die Intensität der Arbeit und stellt damit ein qualitatives Merkmal dar. Schwierig ist die Tätigkeit z.B. dann, wenn erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme auftauchen; sei es, dass diese auf juristischem oder auf tatsächlichem Gebiet liegen. Die tatsächliche Schwierigkeit kann sowohl mit einer besonderen Komplexität der Fallgestaltung (z.B. die Beschäftigung mit nichtjuristischen Fachgutachten, komplexe fremdsprachige Dokumente, Erfordernis buchhalterischer Kenntnisse) als auch mit der Persönlichkeitsstruktur des Mandanten zusammenhängen.
Rechtliche Schwierigkeiten können sich etwa auch daraus ergeben, dass die Tätigkeit aus einem Rechtsgebiet stammt, in dem neue Gesetze noch ungeklärte, insbesondere noch nicht abschließend kommentierte und von der Rechtsprechung bislang unbehandelte Rechtsfragen aufwerfen. Rechtliche Schwierigkeiten können auch dann vorliegen, wenn in Rechtsprechung und Literatur streitige Fragen zu beantworten sind oder der Fall Anlass für die Überlegung gibt, ob darauf eine bestimmte höchstrichterliche Rechtsprechung anzuwenden oder ob diese zu ändern ist.
Als eher einfach und unterdurchschnittlich wird beispielsweise die Kündigung von Wohnraummietverträgen bei Mietrückständen, Beitreibungsangelegenheiten wie etwa Kaufpreisforderungen und dergleichen sowie grundsätzlich die Durchsetzung aller unstreitigen Ansprüche angesehen, deren rechtliche Begründung sich aus Vertrag oder Gesetz ohne besondere Schwierigkeit ergibt.
Führt man sich vor Augen, dass unter dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit eine Vermieterkündigung wegen Zahlungsverzuges eventuell nur 0,5 Gebühren rechtfertigt, ist die reine anwaltliche Inkassotätigkeit in den vorliegenden Fallgestaltungen nicht geeignet, eine Schwellengebühr auszulösen. Vergleichbar mit der Vermieterkündigung nimmt der Rechtsanwalt bei seinem Mahnschreiben eine Forderungsaufstellung vor und spricht zeitgleich die Androhung rechtlicher Konsequenzen für den Fall der Nichtbefolgung aus. Bei der Vermieterkündigung wird mit der rechtsanwaltlichen Tätigkeit darüber hinaus ein Gestaltungsrecht des Mandanten ausgeübt, weshalb auch unter Haftungsgesichtspunkten diese Tätigkeit des Anwalts gegenüber dem Mahnschreiben als weitreichender zu qualifizieren ist.
Auch unter Berücksichtigung der übrigen oben angegebenen Aspekte rechtfertigt sich keine der durchschnittlichen anwaltlichen Intensität bei der Bearbeitung entsprechende Schwellengebühr. Ohne entsprechend substantiierten Vortrag ist weder von tatsächlichen (insoweit ist die einschlägige Judikatur sehr von der strafrechtlichen Mandatsbearbeitung geprägt) noch von rechtlichen Schwierigkeiten auszugehen. Bei der Mahntätigkeit des Anwalts handelt es sich um eine Beitreibungsangelegenheit, die weder juristische Klimmzüge in ungewöhnlichen Rechtsgebieten noch Gedanken der Rechtsfortbildung erfordert und ohne Hinzutreten weiterer Gegebenheiten zwingend als unterdurchschnittlich schwierig einzuordnen ist.