Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV kann in jeder Angelegenheit gefordert werden. Für die vorliegende Bußgeldsache war zu klären, ob es sich bei dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem anschließenden gerichtlichen Verfahren um dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 16 RVG oder um verschiedene Angelegenheiten nach § 17 RVG handelt. Nach Literaturauffassung (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., VV 7001 Rn 29 unter Zitierung der Entscheidung des LG Detmold vom 30.8.1976, nachzulesen in JurBüro 1977, 954) handelt es sich bei dem Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Amtsgericht um eine einheitliche Angelegenheit.
Diese Auffassung vermag nach Einführung des RVG nicht zu überzeugen. Zwar mag es sich nach den zu § 13 BRAGO entwickelten Grundsätzen bei dem Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und vor dem AG um eine Angelegenheit i.S.d. BRAGO gehandelt haben, doch ist nach neuerer in der Rspr. vertretener Auffassung nach Einführung des RVG vom Vorliegen zweier verschiedener Angelegenheiten auszugehen, vgl. Beschl. des AG Detmold v. 17.11.2006, zfs 2007, 405; Beschl. des AG Nauen v. 10.5.2007, zfs 2007, 407. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Es sprechen überwiegende Gründe dafür, dass es sich bei dem Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und vor dem AG um verschiedene Angelegenheiten handelt.
Das RVG selbst enthält bezüglich der aufgeworfenen Frage keine ausdrückliche Regelung. Wie schon die BRAGO überlässt es auch das RVG der Rspr. und der Lit., im Einzelfall Abgrenzungen vorzunehmen (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 15 Rn 9) In § 16 und 17 RVG werden lediglich Fälle aufgezählt, in denen es ohne diese Vorschriften zweifelhaft wäre, ob sie eine gemeinsame Angelegenheit oder verschiedene Angelegenheiten darstellen (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 16 Rn 1, § 17 Rn 1). So stellt beispielsweise § 17 Nr. 10 RVG klar, dass es sich bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und dem nach Einstellung des Strafverfahrens eingeleiteten Bußgeldverfahren um zwei unterschiedliche Angelegenheiten handelt. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung des Bußgeldverfahrens als andere Angelegenheit rechtfertigt jedoch nicht zwingend den Schluss, dass der Gesetzgeber das Verfahren als einheitliche Angelegenheit regeln wollte. In §§ 16 und 17 RVG werden – wie dargelegt – nur Zweifelsfälle einer gesetzlichen Regelung unterworfen und es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Bußgeldverfahren als zweifelhaften Fall betrachtet hat.
Gerade das Bußgeldverfahren wurde durch das RVG komplett neu geregelt. Im Gegensatz zu den Vorschriften der BRAGO ist das Bußgeldverfahren im Vergütungsverzeichnis des RVG im fünften Teil eigenständig geregelt. Nach der Regelung der BRAGO richtete sich die Vergütung eines in Bußgeldsachen tätigen Rechtsanwaltes nach § 105 BRAGO, welcher auf das vorbereitende Verfahren im Strafverfahren nach § 84 BRAGO und das Hauptverfahren nach § 83 BRAGO verwies. Eine entsprechende Anwendung der für das Strafverfahren geltenden Vorschriften wurde vom Gesetzgeber bei Einführung des RVG nicht erneut vorgesehen. Stattdessen erfolgte die eigenständige Regelung. Während das vorbereitende Verfahren und das Hauptverfahren in Strafsachen nach h.Rspr. und überwiegender Literaturansicht bereits nach BRAGO eine einheitliche Angelegenheit darstellten und das RVG diesbezüglich auch keine andere Regelung getroffen hat, ist durch die nunmehr eigenständige Regelung des Bußgeldverfahrens davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das Bußgeldverfahren gebührenrechtlich gerade nicht entsprechend dem Strafverfahren – und damit auch nicht als einheitliche Angelegenheit – behandeln wollte.
Des Weiteren unterscheidet das Vergütungsverzeichnis des RVG in Nr. 5100 VV eindeutig zwischen dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem gerichtlichen Verfahren. Auch diese systematische Trennung spricht für die Annahme zweier verschiedener Angelegenheiten i.S.d. RVG.
Dafür, dass das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das gerichtliche Verfahren zwei unterschiedliche Angelegenheiten sind, spricht vor allem auch, dass es sich bei dem Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde im Gegensatz zum Strafverfahren gerade nicht um ein vorbereitendes Verfahren handelt, welches bei hinreichendem Tatverdacht in einem gerichtlichen Verfahren endet. Das Verwaltungsverfahren stellt ein außergerichtliches Verfahren dar, welches darauf gerichtet ist, die Sache durch Erlass eines Bußgeldbescheides oder eine Verfahrenseinstellung durch die Verwaltungsbehörde abschließend zu klären. Das gerichtliche Verfahren ist als Rechtsschutzmöglichkeit diesem Verfahren lediglich nachgeschaltet. Gründe, weshalb das außergerichtliche Verwaltungsverfahren im Rahmen des Bußgeldverfahrens verfahrensrechtlich anders zu behandeln sein sollte als das allgemeine Verwaltungsverfahren und das einem gerichtlichen Verfahren vorangehende Verwaltungsverfahren nach § 17 Nr. 1 RVG, sind nicht ersichtlich. Nach dieser Vorschrift sin...