ZPO §§ 127, 574
Leitsatz
- Die Beschwerdebefugnis der Staatskasse ist bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle einer Zahlungsanordnung beschränkt. Sie kann nur solche Beschwerdeanträge stellen, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen. Dagegen ist eine von der Staatskasse mit dem Ziel eingelegte Beschwerde, die Verweigerung von Prozesskostenhilfe zu erreichen, unstatthaft.
- Ist die Anfechtbarkeit einer Entscheidung gesetzlich ausgeschlossen oder begrenzt, kann auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug nicht eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (Anschluss an BGH, Beschl. v. 13.11.2008 – IX ZB 231/07, NJW-RR 2009, 210).
BGH, Beschl. v. 17.11.2009 – VIII ZB 44/09
Sachverhalt
Die Beklagte, die Mieterin einer Wohnung der Klägerin ist, hat zur Rechtsverteidigung gegen eine von der Klägerin erhobene Räumungs- und Zahlungsklage Prozesskostenhilfe beantragt. Mit richterlicher Verfügung hat ihr das AG unter Fristsetzung aufgegeben, ihre Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen. Nachdem die Beklagte dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen war, hat ihr das AG unter Hinweis auf die Fristversäumung Prozesskostenhilfe versagt. Hiergegen hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt und im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung die Angaben zu ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen ergänzt. Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, weil die Versäumung der gesetzten Frist nicht durch nachträgliche Angaben geheilt werden könne. Das LG hat den Beschluss des AG aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Beschlussfassung an das AG zurückverwiesen, weil entgegen der Auffassung des AG § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nicht als Regelung einer Ausschlussfrist verstanden werden könne, so dass das AG im Rahmen seiner (Nicht-) Abhilfeprüfung das Beschwerdevorbringen, durch das die Beklagte die Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ergänzt habe, noch hätte berücksichtigen müssen. Hiergegen wendet sich die weitere Beteiligte (Bezirksrevisorin bei dem LG als Vertreterin der Staatskasse) mit ihrer vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie eine Wiederherstellung der Prozesskostenhilfe versagenden Entscheidung des AG begehrt. Sie ist mit dem AG der Auffassung, dass § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO nach Ablauf der gesetzten Frist eine Berücksichtigung ergänzender Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten ausschließe; diese könne Prozesskostenhilfe vielmehr nur aufgrund eines erneuten Antrages erlangen.
Aus den Gründen
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil der weiteren Beteiligten kein Beschwerderecht zusteht.
a) Eine Beschwerde der Staatskasse, die nach § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO stattfindet, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind, kann nach § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dementsprechend ist das Beschwerderecht der Staatskasse auf den Fall beschränkt, dass Prozesskostenhilfe zwar bewilligt, rechtsfehlerhaft jedoch weder Ratenzahlungen aus dem Einkommen noch Zahlungen aus dem Vermögen angeordnet worden sind. Der Sinn dieses der Staatskasse eingeräumten Beschwerderechts hat nach den aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen Absichten des Gesetzgebers sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift darin gelegen, im Interesse der Haushaltsmittel der Länder zu Unrecht unterbliebene Zahlungsanordnungen nachträglich zu erreichen. Dementsprechend ist der Staatskasse auch nur in diesem beschränkten Umfang ein Beschwerderecht zugebilligt worden, nämlich nur zu einer dahin gehenden Kontrolle von Bewilligungsentscheidungen, in denen Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt worden ist (BGHZ 119, 372, 375 m. w. Nachw.; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1714).
Eine – wie hier – von der Staatskasse mit dem Ziel eingelegte Beschwerde, die Verweigerung von Prozesskostenhilfe zu erreichen, ist deshalb nicht statthaft. Vielmehr grenzt § 127 Abs. 2 S. 1 ZPO die Beschwerdebefugnis der Staatskasse bei bewilligenden Prozesskostenhilfeentscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 S. 1 ZPO ausdrücklich genannten Fälle einer Zahlungsanordnung ein und beschränkt gem. § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO darüber hinaus die möglichen Anfechtungsgründe, so dass nur solche Beschwerdeanträge zugelassen sind, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leistung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführung aufzuerlegen (OLG Nürnberg FamRZ 1998, 252; MünchKommZPO/Motzer, 3. Aufl., § 127 Rn 27; Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl., § 127 Rn 9).
b) An der Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde ändert nichts, dass das LG diese zugelassen hat. Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde ha...