Praxishandbuch Versorgungsausgleich. Die Auswirkungen der Strukturreform 2009. Von Rentenberater Martin Reißig, Deutscher Anwaltverlag, Bonn. 1. Aufl. 2009. 581 S. 49,00 EUR.
Der Autor ist stellvertretender Präsident des Bundesverbandes der Rentenberater, Mitglied der Facharbeitsgruppe Versorgungsausgleich im Bundesverband und seit fast 20 Jahren als Rentenberater in der Praxis tätig. Wem sollte die Materie Versorgungsausgleich – von Anwälten oft gemieden – nach der Strukturreform 2009 vertrauter sein als ihm?
Der Autor macht es Versorgungsausgleichsmuffeln aber auch leicht. In Teil A werden zunächst die Gesetzesänderungen erläutert und die neuen Gesetzestexte als unabdingbare Voraussetzung dafür eingeführt, die Grundstruktur des neuen Versorgungsausgleichs transparent zu machen. Sämtliche Vorschriften, die den Versorgungsausgleich betreffen und entweder neu formuliert worden sind, wie das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) und das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), oder die durch die Reform eine Änderung erfahren haben, wie das BGB, das SGB VI, das BVerTG oder das BeamtVG etc., werden in einer außerordentlich anwenderfreundlichen Struktur aufbereitet und kommentiert.
Die materiell- und verfahrensrechtlichen Änderungen durch die Strukturreform lassen sich schnell erfassen. So findet eine Teilhabe zukünftig im Versorgungssystem der auszugleichenden Versorgung statt; bei kurzer Ehezeit bis zu drei Jahren erfolgt ein Ausgleich aber nur dann, wenn ein Ehegatte dies beantragt, Kapitalzahlungen aus Anrechten der betrieblichen Altersversorgung unterliegen nunmehr dem Versorgungsausgleich, eine vorhandene oder neu zu begründende Versorgungsanwartschaft kann durch externe Realteilung ausgebaut werden, ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht kann abgefunden werden, ein Wertausgleich bei geringem Ausgleichswert findet nicht statt etc.
Auch die für die Praxis rechtzeitig zu registrierenden negativen Änderungen der Reform, wie z.B. der Wegfall des Rentnerprivilegs, des nur noch eingeschränkt geltenden Unterhaltsprivilegs und die mangelnde Möglichkeit der Abänderung und Anpassung von Entscheidungen, die Betriebsrenten betreffen, werden durch den erfahrenen Autor zielsicher herausgearbeitet und teilweise als Merksatz im Text hervorgehoben. Richtern, Anwälten und Versorgungsträgern wird dies gleichermaßen ein fundiertes Verständnis verschaffen und daher gefallen.
Wer tiefer in die Materie einzusteigen gedenkt – der im Familienrecht tätige Praktiker muss es ohnehin tun –, sollte sich auf Teil B einlassen. Dort wird er anhand einer Vielzahl von übersichtlich aufbereiteten Tabellen und Berechnungsbeispielen in die Lage versetzt, die bestehenden Versorgungs- und Ausgleichssysteme und die Auskünfte der Versorgungsträger zu verstehen.
Das Werk wird in seinem Teil C abgerundet durch Checklisten, Wertetabellen und Darstellung vieler nach altem Recht ergangener Urteile, deren Inhalt auch nach der Reform weiterhin Geltung beanspruchen darf.
Die vom Autor entwickelten, mit jeder neuen Vorschrift korrelierenden "Checklisten" sollte jeder verinnerlichen, der sich als Praktiker mit dem Versorgungsausgleich zu befassen hat. Der Anwender wird dann sicher erkennen, wann und zu welchem Zeitpunkt er welche Anträge stellen muss und welche Anrechte im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sein werden, um stets eine richtige Versorgungsausgleichsentscheidung vorzubereiten. Fehler, die sich in den Auskünften der Versorgungsträger oder verfahrensrechtlich niederschlagen, wird er mit dem Praxishandbuch kompetent aufdecken und korrigieren können.
Reißig nimmt den Anwendern die Scheu, den stets ziemlich ungeliebten Versorgungsausgleich zumindest nach der Strukturreform besser verstehen und vielleicht sogar ein wenig mögen zu lernen. Eine gelungene Arbeit!
FAFamR Lotte Thiel, Koblenz