FamFG § 78; FGG-RG Art. 111
Leitsatz
Zur Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Wege der Verfahrenskostenhilfe bezüglich eines Verfahrens auf Umgang.
OLG Hamm, Beschl. v. 3.2.2010–6 WF 363/09
Sachverhalt
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligt, es jedoch abgelehnt, ihm seine Verfahrensbevollmächtigte beizuordnen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, der das AG nicht abgeholfen hat.
Aus den Gründen
Die gem. den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss und der Nichtabhilfebeschluss des AG sind richtig, weil die für eine anwaltliche Beiordnung erforderlichen Voraussetzungen (§ 78 Abs. 2 FamFG) nicht gegeben sind.
Für das vorliegende Verfahren, das am 7.9.2009 eingeleitet worden ist, findet § 78 FamFG Anwendung (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG). Gem. § 78 Abs. 1 FamFG wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, falls eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist.
Ist eine Vertretung – wie vorliegend – nicht vorgeschrieben, erfolgt die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 78 Abs. 2 FamFG nur, wenn diese wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint.
Das Gesetz weicht damit von § 121 Abs. 2 ZPO ab, wonach es ausreicht, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder nach dem Prinzip der Waffengleichheit der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten wird.
In Sorge- und Umgangsrechtsverfahren wird die Auffassung vertreten, dass eine Beiordnung dann nicht zu erfolgen hat, die Beiordnung also nicht erforderlich ist, wenn zwischen Eltern und Jugendamt keine Meinungsunterschiede bestehen (Musielak-Borth, FamFG, Rn 4 zu § 78; Keidel-Zimmermann; FamFG, Rn 12 zu § 78 unter Hinweis auf – zum alten Recht – KG JurBüro 1991, 403, OLG Bamberg JurBüro 1989, 417). Im Übrigen soll "im Regelfall" ein Anwalt erforderlich sein (Musielak-Borth, Keidel-Zimmermann, a.a.O., Letzterer unter Hinweis auf OLG Hamm FamRZ 2003, 1936; FamRZ 1997, 754; OLG Saarbrücken AnwBl 1990, 54).
Ob vorstehender Ansicht jedenfalls in dieser Allgemeinheit zu folgen ist, also in der Regel schon allgemein wegen bestehender Meinungsunterschiede eine Anwaltsbeiordnung erforderlich ist, erscheint fraglich. Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ist alleiniger Anknüpfungspunkt die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, nicht allein maßgebend sind unterschiedliche Auffassungen etwa bezüglich Dauer und Umfang des Umgangsrechts. Dabei mag es zwar so sein, dass bei bestehenden Meinungsunterschieden zwischen den Beteiligten häufig auch die Sach- und Rechtslage als schwierig einzustufen sein wird; zwingend ist das indes nicht. Vielmehr wird sich die Annahme einer schwierigen Sach- und Rechtslage jeweils nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls bemessen lassen können (vgl. dazu die noch zu § 121 Abs. 2 ZPO ergangene Entscheidung BGH NJW-RR 2009, 794).
Vorliegend waren die Beteiligten, also die Kindesmutter und der Kindesvater, zwar unterschiedlicher Auffassung. Die Kindesmutter hatte gegen einen Umgang des Vaters mit dem Kind jedoch grundsätzlich nichts einzuwenden. Angesichts des Alters des Kindes von nicht einmal 1 Jahr hatte die Kindesmutter lediglich Bedenken, das Kind dem Vater auch über Nacht zu belassen und auch nur ausschließlich deshalb, weil das Kind allein in seinem eigenen Bettchen ruhig schlief. Bedenken hatte die Kindesmutter auch wegen der Fahrt zur Wohnung des Vaters. Damit waren der Sachverhalt einfach gelagert und die Meinungsunterschiede zwischen den Beteiligten denkbar gering, die Rechtslage selbst auch kaum als schwierig einzustufen. Das zeigt sich indiziell auch daran, dass die Beteiligten sich in dem anberaumten Termin schnell einigten und das aus dem Protokoll erkennbare Einvernehmen erzielten.
Keiner Entscheidung bedarf es im vorliegenden Fall, ob im Rahmen der zu § 78 Abs. 2 FamFG vorzunehmenden Auslegung ausschließlich objektive Kriterien heranzuziehen (BT-Drucks 16/6308 S. 214, Götsche, FamRZ 2009, 383) oder mit Blick auf BVerfG NJW-RR 2007, 1723 und trotz des klaren Wortlauts auch subjektive Gesichtspunkte zu beachten sind (so wohl Keidel-Zimmermann, § 78 Rn 4). Denn jedenfalls ist nicht erkennbar, dass eine Anwaltsbeiordnung deshalb erforderlich war, weil die Beteiligten etwa nicht ausreichend gewandt oder aus sonstigen subjektiven Aspekten nicht in der Lage waren, das Verfahren auch ohne Anwaltsbeiordnung sachgerecht zu führen.
Der Umstand, dass die Gegenseite anwaltlich vertreten war, war mit Blick auf § 78 Abs. 2 FamFG und die hierdurch gezogene Abgrenzung zu § 121 Abs. 2 ZPO ohne Bedeutung.