RVG VV Nr. 3104; VwGO § 93
Leitsatz
Verbindet das Gericht nach ihrem Aufruf mehrere Sachen zur gemeinsamen Verhandlung, bleibt es bei getrennten Terminsgebühren, die auf der Grundlage des für jedes der "verbundenen Verfahren" festgesetzten Streitwerts zu ermitteln sind.
BVerwG, Beschl. v. 18.2.2010 – BVerwG 9 KSt 4.10
Sachverhalt
Im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Ausbau und die Verlegung der BAB A 4 wurden neben der Klage des Klägers gleichzeitig drei weitere Klagen anderer Kläger gegen denselben Planfeststellungsbeschluss aufgerufen (BVerwG 9 A 71.07, 72.07 und 74.07). Der Beklagte war bei Aufruf aller vier Sachen durch einen seiner prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte vertreten. Der Vorsitzende stellte zunächst die für die Beteiligten jeweils anwesenden Personen fest und verkündete dann den Beschluss, dass alle vier Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung verbunden würden. Die Verhandlung über die Klage des Klägers wurde später wieder abgetrennt und fortgesetzt. Durch Urt. v. 13.5.2009 – BVerwG 9 A 73.07 – hat das BVerwG die Klage des Klägers abgewiesen und die Kosten des Verfahrens dem Kläger auferlegt. Durch gesonderten Beschluss hat es den Wert des Streitgegenstandes auf 30.000,00 EUR festgesetzt. In den anderen drei Verfahren wurden Streitwerte von 45.000,00 EUR, 15.000,00 EUR und 60.000,00 EUR bestimmt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die aufgrund des rechtskräftigen Urteils vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten festgesetzt und dabei eine Terminsgebühr nach dem Wert von 30.000,00 EUR berücksichtigt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Antrag auf Entscheidung des Gerichts, die jedoch keinen Erfolg hatte.
Aus den Gründen
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für das Klageverfahren des Klägers zu Recht eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus dem Einzelstreitwert dieses Verfahrens zugunsten des Beklagten in Ansatz gebracht. Diese Gebühr war bereits vor der Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung entstanden und kann von dieser schon deshalb nicht mehr beeinflusst werden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.4.2007–4 C 07.659, NVwZ-RR 2008, 504; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 3104 Rn 92). Nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Es genügt dafür, dass dieser Termin stattfindet und der Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist (vgl. Müller-Rabe, a.a.O. VV Vorbem. 3 Rn 30). Beide Voraussetzungen waren erfüllt, als der Vorsitzende den Verbindungsbeschluss verkündete. Denn der Verhandlungstermin hatte mit dem Aufruf der Sache begonnen, und zu diesem Zeitpunkt war einer der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte des Beklagten ausweislich der Sitzungsniederschrift vertretungsbereit anwesend. Der vom Kläger hiergegen ins Feld geführten abweichenden Auffassung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 17.8.2006–3 S 1425/06, NVwZ-RR 2006, 855), wonach die Terminsgebühr bei einer solchen Fallgestaltung aus der Summe der Einzelstreitwerte der verbundenen Verfahren zu errechnen und bei der Kostenerstattung auf die Verfahren aufzuteilen ist, kann sich der Senat nicht anschließen. Denn sie lässt außer Acht, dass die Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert – wie dargelegt – bereits entstanden war, bevor die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden. Abgesehen davon wäre die Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert hier auch deshalb entstanden, weil die Verhandlung über das Verfahren des Klägers später wieder abgetrennt und – anders als die über die weiteren Klagen – am Folgetag fortgesetzt wurde.
Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin