SGG § 86b Abs. 1, Abs. 2; RVG § 17 Nr. 4 Buchst. b); RVG VV Nrn. 3102, 3103

Leitsatz

Das einstweilige Anordnungsverfahren ist gebührenrechtlich als gesondertes Verfahren nach § 17 Nr. 4 Buchst. b) RVG zu behandeln. Die Verfahrensgebühr bemisst sich daher auch bei einem parallel oder zuvor durchgeführten Verwaltungsverfahren nach Nr. 3102 VV.

SG Schleswig, Beschl. v. 29.10.2009 – S 2 AS 902/06 ER

Aus den Gründen

Die Kostenbeamtin hat zu Unrecht Nr. 3103 VV ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Der Erinnerungsführer weist zutreffend darauf hin, dass das einstweilige Anordnungsverfahren kein Vorverfahren aufweist und auch gebührenrechtlich als gesondertes Verfahren nach § 17 Nr. 4 Buchst. b) RVG behandelt wird. Dem folgt die Kostenkammer in ihrer ständigen Rspr.

Das einstweilige Anordnungsverfahren ist ein gesondertes Verfahren, das gebührenrechtlich isoliert zu bewerten ist. Ein parallel oder zuvor durchgeführtes Verwaltungsverfahren ist nicht als Vorverfahren zu werten, so dass die Gebührennummer 3102 VV und nicht 3103 VV einschlägig ist (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 9.8.2007 – L 20 B 91/0791/07 AS, LSG Thüringen, Beschl. v. 6.3.2008 – L 6 B 198/0798/07 SF, zitiert nach Straßfeld, SGb 2008, 635, 638; anderer Auffassung LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.2.2007 – L 1 B 467/06 SK, LSG Bayern, Beschl. v. 12.2.2007 – L 15 B 224/0624/06 AS KO, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.4.2007 – L 9 B 14/0614/06 AS). Die Gegenauffassung mag in den Fällen diskutabel sein, in denen gem. oder analog § 86b Abs. 1 S. 1 SGG die Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung begehrt wird, da insoweit der Gegenstand des Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens und derjenige des Eilverfahrens mit dem jeweils angegriffenen Verwaltungsakt weitgehend identisch ist. Demgegenüber ist bei Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG, bei denen die Erhebung eines Hauptsacherechtsbehelfs lediglich Sachentscheidungs- oder Begründetheitsvoraussetzung, nicht aber Rechtsschutzformvoraussetzung ist, eine größere verfahrensrechtliche Verselbstständigung gegenüber dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erkennbar, die durchaus mit den höherem Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV zu honorieren ist (Groth, NJW 2007, 2294, 2298).

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