RVG § 15a; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4, Nr. 2300
Leitsatz
Die Vorschrift zur Anrechnung einer Gebühr im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage. Folglich findet diese Bestimmung auch Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5.8.2009 erfolgt war. Somit ist die Verfahrensgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren in voller Höhe zu berücksichtigen.
BGH, Beschl. v. 31.3.2010 – XII ZB 230/09
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Beklagten noch den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr. Rechtspfleger und OLG haben die von der Klägerin für ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) nicht in voller Höhe berücksichtigt. Denn gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV sei hier auf die Verfahrensgebühr die halbe vorgerichtlich entstandene 1,3-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) anzurechnen. Daran habe die zwischenzeitlich erfolgte Einführung des § 15a RVG nichts geändert, denn diese Vorschrift stelle eine Gesetzesänderung dar und finde augrund der zumindest entsprechend heranzuziehenden Überleitungsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auf Altfälle keine Anwendung.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom OLG zugelassenen Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte.
Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet, denn das OLG hat die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) zu Unrecht nicht in voller Höhe berücksichtigt.
1. Der erkennende Senat hat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in Übereinstimmung mit dem II. Zivilsenat (vgl. BGH, Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07 – ZIP 2009, 1927, 1928) wiederholt entschieden, dass die Vorschrift des § 15a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage darstellt. Folglich findet diese – gem. Art. 10 des am 4.8.2009 verkündeten Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30.7.2009 (BGBl I S. 2449) am Tag nach der Verkündung in Kraft getretene – Bestimmung auch Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5.8.2009 erfolgt war (vgl. Senatsbeschl. v. 9.12.2009 – XII ZB 175/07, FamRZ 2010, 456 m. w. Nachw. u.v. 3.2.2010 – XII ZB 177/09 – zur Veröffentlichung bestimmt m. w. Nachw.).
2. Der vorliegende Sachverhalt gibt dem Senat keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.
Mit den vom OLG für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten, namentlich der Frage der Anwendbarkeit des § 60 Abs. 1 RVG und der aufgeworfenen Rückwirkungsproblematik, hat sich der Senat bereits in seinen vorstehend genannten Beschlüssen ausführlich befasst.
Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden. Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, ist die Verfahrensgebühr antragsgemäß in voller Höhe zu berücksichtigen.