ZPO §§ 91 ff., 98
Leitsatz
Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben.
BGH, Beschl. v. 15.3.2011 – VI ZB 45/09
1 Sachverhalt
Der Kläger hat die Beklagten in den beiden zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten auf Unterlassung von Presseveröffentlichungen in Anspruch genommen. Im Verhandlungstermin hat das LG den Parteien vorgeschlagen, sich dahingehend zu einigen, dass die jeweilige Beklagte die Klageansprüche anerkennen und der Kläger im Gegenzug erklären solle, dass er keine weiteren Ansprüche aus den streitgegenständlichen Veröffentlichungen mehr geltend machen werde.
Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem LG in beiden Verfahren, dass die Parteien sich i.S.d. gerichtlichen Vorschlags geeinigt hätten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bestätigte dies und erklärte das Anerkenntnis des jeweiligen Klageanspruchs. Das LG erließ sodann jeweils ein Anerkenntnisurteil, mit dem der jeweiligen Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers meldete daraufhin für beide Verfahren u.a. auch eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV zur Festsetzung an.
Die Rechtspflegerin des LG hat diese Kosten in den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen unberücksichtigt gelassen. Auf die sofortigen Beschwerden der Kläger hat das OLG (OLG Köln, Beschl. v. 18.6.2009 – 17 W 144 u. 145/09) in beiden Verfahren unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels entschieden, dass die geltend gemachte Einigungsgebühr zu erstatten sei. Aufgrund des Akteninhalts stehe fest, dass die Prozessbevollmächtigten der Parteien beim Abschluss eines Vertrags mitgewirkt hätten, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt worden sei. Die entstandene Einigungsgebühr sei entsprechend der Kostengrundentscheidung im jeweils ergangenen Anerkenntnisurteil von den Beklagten zu erstatten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs und ohne ausdrückliche vertragliche Kostenregelung zur Einigungsgebühr gefunden hätten.
Mit der vom Beschwerdegericht hinsichtlich der Einigungsgebühr zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten, die sofortigen Beschwerden gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse in vollem Umfang zurückzuweisen.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zulässig und begründet. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Rechtspflegerin hat zu Recht die in beiden Verfahren vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemachte Einigungsgebühr nicht berücksichtigt.
1. In der Sache zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr gem. Nrn. 1000, 1003 VV vorliegen, weil die Prozessbevollmächtigten der Parteien bei Abschluss eines Vertrags mitgewirkt haben, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt worden ist.
2. Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass die Einigungsgebühren gem. der Kostengrundentscheidung in den jeweils ergangenen Anerkenntnisurteilen von den Beklagten zu erstatten seien.
a) Nicht zu beanstanden ist zwar die Auffassung, der Erstattung der Einigungsgebühr stehe nicht entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche Niederlegung eines Prozessvergleichs gefunden haben. Für die Festsetzbarkeit einer Einigungsgebühr ist nämlich – anders als nach der früheren Regelung des § 23 BRAGO (vgl. BGH Beschl. v. 26.9.2002 – III ZB 22/02, VersR 2004, 395 [= AGS 2003, 84]) – die Protokollierung eines als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleichs nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht erforderlich. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat erklärt, er halte an seiner im Beschl. v. 28.3.2006 (VIII ZB 29/05, NJW 2006, 1523 [= AGS 2006, 403]) geäußerten gegenteiligen Auffassung nicht fest (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2007 – II ZB 10/06, NJW 2007, 2187 Rn 7 [= AGS 2007, 366]).
b) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts gehören aber die Kosten eines – hier vorliegenden – außergerichtlichen Vergleichs nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben (vgl. BGH, Beschl. v. 25.9.2008 – V ZB 66/08, NJW 2009, 519 Rn 7 ff. [= AGS 2009, 95]; OLG Karlsruhe JurBüro 1991, 89, 90; OLG München FamRZ 1999, 1674; OLG Frankfurt NJW 2005, 2465, 2466 [= AGS 2005, 271]; OLG Hamm OLGR 2007, 738 [= AGS 2007, 476]; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 98 Rn 2; MüKoZPO/Giebel, 3. Aufl., § 98 Rn 23 ff.; Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 98 Rn 1; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 98 Rn 7; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., VV 1000 Rn 321 unter Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in der 18. Aufl., a.a.O., Rn 376).
aa) Gem. § 98 S. 1 ZPO sind bei einem...