GKG § 66 Abs. 1, 5; VwGO § 67 Abs. 4; AsylG § 83b
Leitsatz
- Die Erinnerung gegen den Kostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG vor dem BVerwG unterliegt nach der vorrangigen Regelung des § 66 Abs. 5 GKG nicht dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO.
- Die Gerichtskostenfreiheit von Streitigkeiten nach dem AsylG (§ 83b AsylG) erstreckt sich auf sämtliche gerichtliche Verfahren in allen Instanzen und greift auch dann, wenn das konkret eingelegte Rechtsmittel nicht statthaft ist.
BVerwG, Beschl. v. 12.2.2019 – BVerwG 1 KSt 1.19
1 Sachverhalt
Der Kläger wendet sich gegen eine Kostenrechnung über Gerichtskosten i.H.v. 60,00 EUR. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der Senat eine Beschwerde des Klägers gegen einen Beschluss des OVG, mit dem sein Antrag auf Zulassung der Berufung in einem asylrechtlichen Verfahren verworfen worden war, als gem. § 152 Abs. 1 VwGO unstatthaft und mangels Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten auch i.Ü. unzulässig verworfen. Die Kosten des Verfahrens waren dem Kläger auferlegt worden. Mit der angegriffenen Kostenrechnung forderte die Kostenbeamtin die o.g. Gerichtsgebühren bei ihm an. Hiergegen hat der Kläger "Widerspruch" erhoben, dem die Kostenbeamtin nicht abgeholfen hat.
2 Aus den Gründen
1. Der Widerspruch des Klägers gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung ist als Erinnerung nach § 66 GKG zu werten. Die Erinnerung, über die nach Übertragung durch die Einzelrichterin gem. § 66 Abs. 6 S. 2 GKG der Senat entscheidet, ist zulässig und begründet.
Der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, dass der Kläger sie persönlich eingelegt hat. Die Erinnerung gegen den Kostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG vor dem BVerwG unterliegt nicht dem Vertretungszwang nach § 67 Abs. 4 VwGO. Denn nach der vorrangigen (§ 1 Abs. 5 GKG) Regelung des § 66 Abs. 5 S. 1 GKG können Anträge und Erklärungen im Kostenerinnerungs- und Beschwerdeverfahren "ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten" schriftlich eingereicht oder zur Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Mit der Einfügung der Worte "ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten" durch Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften v. 30.7.2009 (BGBl I, 2449) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass entgegen den Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts ebenfalls geänderten § 67 VwGO, die auf einen Vertretungszwang für Streitwert- und Kostenbeschwerden hindeuten (BT-Drucks 16/3655, 97), in kostenrechtlichen Verfahren (wie bisher) kein Anwaltszwang gilt (vgl. BT-Drucks 16/11385, 56; Czybulka/Siegel, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., 2018, § 67 Rn 53 m.w.N.; offenlassend BVerwG, Beschl. v. 15.3.2016 – 1 KSt 2.16, juris Rn 2).
2. Die Erinnerung ist auch begründet. Zwar steht dem Kostenansatz von 60,00 EUR in der Kostenrechnung v. 4.1.2019 entgegen der Annahme des Klägers nicht entgegen, dass in dem zugrunde liegenden Verfahren vor dem BVerwG keine Gerichtsverhandlung stattgefunden hat. Das Verfahren ist jedoch nach § 83b AsylG gerichtsgebührenfrei.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GKG werden in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der VwGO Kosten (Gebühren und Auslagen) nach dem GKG erhoben. Nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 GKG-KostVerz. beträgt die Gebühr in Verfahren über nicht besonders aufgeführte Beschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind, 60,00 EUR, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird.
Die Voraussetzungen für eine Kostenerhebung nach dieser Regelung liegen hier nicht vor. Die zugrunde liegende Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des OVG ist nach den Vorschriften des AsylG gerichtsgebührenfrei. Gem. § 83b AsylG werden Gerichtskosten in "Streitigkeiten nach diesem Gesetz" nicht erhoben. Es kommt allein auf die objektive Zugehörigkeit des Klagebegehrens zu den Rechtsstreitigkeiten nach dem AsylG an. Ist diese – wie hier – gegeben, erstreckt sich die Gerichtskostenfreiheit auf sämtliche gerichtliche Verfahren in allen Instanzen (vgl. Barrón, in: Hailbronner, Ausländerrecht, § 83b AsylG Rn 8, Stand: Januar 2018); sie greift auch dann, wenn das konkret eingelegte Rechtsmittel nicht statthaft ist.
Die durch Art. 1 Nr. 46 des Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften v. 30.6.1993 (BGBl I, 1062) geschaffene und seither fortbestehende Gerichtskostenfreiheit von Streitigkeiten nach dem Asylgesetz dient nicht den Interessen der – als weniger bemittelt vorausgesetzten – Kläger, sondern der Vermeidung von Verwaltungsaufwand: Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Einziehung fälliger Gerichtskosten in Asylstreitigkeiten nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereitet. Da die Kostenschuldner in der Regel entweder mittellos oder nicht mehr auffindbar seien, komme es letztlich meist zu einer Niederschlagung der Kosten. Der dam...