Von der Entstehung der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV ist deren Erstattungsfähigkeit zu unterscheiden.
Die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV entsteht für den bereits in der Vorinstanz tätigen Rechtsanwalt, wenn er erstmals nach Erteilung des Auftrags für das Revisionsverfahren dort tätig wird. Die Tätigkeit muss nicht von außen erkennbar sein, die Beratung des Mandanten zur Revision reicht aus. Die bloße Einlegung der Revision selbst gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG aber für den in der Vorinstanz tätigen Verteidiger noch zum gerichtlichen Verfahren dieses Rechtszuges und ist mit den dort verdienten Gebühren abgegolten. Jede danach erbrachte weitere Tätigkeit löst die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV aus, z. B. auch die Rücknahme der Revision.
Die Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV ist dann umstritten, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Revision ohne Begründung zurücknimmt. Von der wohl h.M. wird die Auffassung vertreten, dass der Angeklagte in diesem Fall keinen Anspruch auf Erstattung der ihm im Revisionsverfahren entstandenen Verteidigerkosten hat. Dies wird u.a. damit begründet, dass eine bis zur Rücknahme der Revision entfaltete anwaltliche Tätigkeit für den Angeklagten nicht verfahrensfördernd sein kann, sondern überflüssig ist, sodass dafür entstandene notwendige Auslagen nicht erstattungsfähig sind. Es besteht zwar ein subjektives Beratungsbedürfnis des Angeklagten, nicht aber das für die Erstattung maßgebende objektive Beratungsbedürfnis.
Das LG Göttingen hat sich der Gegenauffassung angeschlossen, nach der die Begründung der Revision durch die Staatsanwaltschaft nicht Voraussetzung dafür ist, dass der mit der Gegenerklärung beauftragte Rechtsanwalt eine erstattungsfähige Gebühren auslösende Maßnahme wahrnehmen kann. Der Angeklagte hat ab Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft Handlungs- und Beratungsbedarf. Dieser hängt nicht von der Begründung der Revision ab.
Hierfür kann sprechen, dass der Angeklagte grds. darauf vertrauen darf, dass ein von der Staatsanwaltschaft eingelegtes Rechtsmittel auch tatsächlich durchgeführt wird, Nr. 147 RiStBV. Außerdem ist es aus Gründen der Waffengleichheit geboten, dass sich der Angeklagte und sein Verteidiger darüber beraten, welche Aussichten das Rechtsmittel hat und welche zusätzlichen Verteidigungsmittel an Beweismaterial u.a. möglicherweise noch beigezogen werden müssen. Schließlich kann der Angeklagte nicht wegen des Kostenrisikos gezwungen sein, seine Verteidigung erst dann vorzubereiten, wenn er Kenntnis von der Begründung des Rechtsmittels erhalten hat.
Joachim Volpert
AGS 5/2019, S. 215 - 217