FamGKG § 50; VersAusglG § 51
Leitsatz
- Der Verfahrenswert für ein Versorgungsausgleichsverfahren nach § 51 VersAusglG bemisst sich regelmäßig nach § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 FamGKG mit 10 Prozent des dreifachen Nettomonatseinkommens.
- Allein der zeitliche Abstand des Abänderungsverfahrens zur durchgeführten Scheidung rechtfertigt keine analoge Anwendung des § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 FamGKG mit 20 Prozent des dreifachen Nettomonatseinkommens. Sofern die Zeitkomponente zu einem erhöhten Bearbeitungsaufwand führt, kann dies hinreichend im Einzelfall über die Ermessensvorschrift des § 50 Abs. 3 FamGKG berücksichtigt werden (im vorliegenden Fall verneint).
KG, Beschl. v. 18.3.2019 – 19 WF 24/19
1 Sachverhalt
Die Ehe der Beteiligten war in 1981 rechtskräftig geschieden worden. Das AG hatte seinerzeit den Ausgleich von Versorgungsrechten ausgesprochen.
Im November 2009 verstarb die Ehefrau, woraufhin der Antragsteller in 2017 die Aufhebung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich beantragte. Das FamG hat diesem Antrag im Januar 2019 entsprochen und angeordnet, dass ein Wertausgleich nach den Vorschriften des VersAusglG nicht stattfinde. Den Verfahrenswert hat das Gericht auf 3.600,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. Das FamG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Verfahrenswert auf 3.033,00 EUR festgesetzt. Die Wertfestsetzung hat das FamG dabei auf § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG gestützt und ist von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens ausgegangen. Bei drei Anrechten und einem Nettoeinkommen von 1.685,00 EUR folge daraus ein Wert i.H.v. 3.033,00 EUR. Der Antragsteller hat seine Beschwerde aufrechterhalten und geltend gemacht, dass es sich im zugrundeliegenden Verfahren nicht um Ansprüche nach der Scheidung handele. Hiermit seien nur Ansprüche auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gemeint. Das OLG hat der Beschwerde stattgegeben und den Verfahrenswert auf 1.516,50 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Die gem. den §§ 55, 59 FamGKG zulässige, insbesondere fristgemäße Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Gegenstandswert des Abänderungsverfahrens nach den § 51 VersAusglG, § 226 FamFG ist gem. § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 FamGKG auf 1.516,50 EUR festzusetzen.
1. § 50 Abs. 1 FamGKG bestimmt in S. 1, dass der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen für jedes Anrecht 10 % und bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten beträgt. Nach S. 2 beträgt der Wert nach S. 1 mindestens 1.000,00 EUR. § 50 Abs. 3 FamGKG bestimmt, dass in den Fällen, in denen der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist, das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen kann.
2. Wonach sich der Verfahrenswert in Anpassungs- und Abänderungsverfahren, insbesondere nach den § 225 FamFG, § 51 VersAusglG, bemisst, ist in Rspr. und Lit streitig.
a) Nach der ganz h.A. bestimmt sich der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 FamGKG mit 10 Prozent des dreifachen Nettomonatseinkommens (OLG Frankfurt v. 1.8.2018 – 2 WF 196/18; OLG Karlsruhe v. 29.1.2016 – 20 UF 140/15, BeckRS 2016, 128275; OLG Hamm v. 16.10.2013 – 2 WF 4/13, Rn 6–9; OLG Bremen v. 2.7.2012 – 4 WF 69/12, Rn 11; Götsche/Rehbein-Breuers, Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl., § 50 FamGKG Rn 13; Herberger/Martinek-Breuers, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 52 VersAusglG Rn 32; BeckOK-Neumann, Kostenrecht 1.12.2018, § 50 FamGKG, Rn 75–82; Schneider/Volpert/Fölsch-Thiel, FamGKG 2. Aufl., § 50 FamGKG Rn 20; Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 6. Aufl., Gesetz über die Gerichtskosten in Familiensachen, Rn 37; Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., Anhang 1, IV. Verfahrenswerte im Familienrecht, Rn 168–178; wohl auch Binz/Dörndorfer/Zimmermann-Dörndorfer, FamGKG, 4. Aufl., § 50 FamGKG Rn 2/3; Rahm/Künkel-Feskorn, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 79. Lieferung, Verfahrenswert Rn 149153).
Der BGH hat sich zwar zu dieser Frage nicht ausdrücklich geäußert, hat aber in dem Revisionsverfahren zu der oben genannten Entscheidung des OLG Karlsruhe v. 29.1.2016 den Verfahrenswert der Vorinstanz übernommen, den das OLG Karlsruhe mit kurzer Begründung auf § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 FamFG gestützt hatte (BGH v. 8.11.2017 – XII ZB 105/16).
b) Nach a.A. bestimmt sich der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 FamGKG mit 20 Prozent des dreifachen Nettomonatseinkommens (so OLG Hamm v. 27.7.2017 – 10 UF 72/17, Rn 9; OLG Schleswig v. 19.6.2013 – 15 WF 200/13; MüKo-Schindler, FamFG 3. A., Anhang zu §§ 80–85 FamFG, Teil 2, Rn 248; wohl auch OLG Brandenburg v. 24.3.2011 – 13 WF 38/11 Rn 7). Zur Begründung verweist das OLG Hamm auf das gesetzgeberische Motiv, wonach Ausgleichsansprüche nach der Scheidung häufig mit höherem Aufwand verbunden seien, weil oft komplexe, zeitlich weit zurückliegende Sachverhalte erneut aufgerollt werden. Im Abänderungsverfahren stelle sich die Situation genauso dar. Die Regelung sei auch analogiefähig.
c) Der Senat schließt sich...