FamFG §§ 61 Abs. 1, 112 Nr. 2, 113 Abs. 1; ZPO § 3; BGB § 1375 Abs. 2 S. 2
Leitsatz
- Wenn das FamG im Güterrechtsverfahren den Trennungszeitpunkt isoliert festgestellt hat, kann den betroffenen Ehegatten ein Abwehrinteresse gegen die Titulierung des Trennungszeitpunkts unabhängig von der Frage der Wirksamkeit einer solchen isolierten Feststellung nicht vollständig abgesprochen werden. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte sich – möglicherweise nicht nur für das weitere Verbundverfahren – an diese Feststellung gebunden sehen.
- Das damit bestehende Abwehrinteresse ist für die Bemessung der Beschwer gem. §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 FamFG, § 3 ZPO zu schätzen.
- Bei der Bemessung des Abwehrinteresses ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Feststellungsausspruchs, insbesondere die in § 1375 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Umkehr der Beweislast bei Vermögensminderungen zwischen dem Trennungszeitpunkt und der Zustellung des Scheidungsantrags als Endstichtag zu berücksichtigen.
BGH, Beschl. v. 13.2.2019 – XII ZB 499/18
1 Sachverhalt
Der Antragsgegner wehrt sich gegen die Feststellung des Trennungszeitpunkts und die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage in der Folgesache Zugewinnausgleich.
Die Beteiligten begehren in einem in den Scheidungsverbund einbezogenen Güterrechtsverfahren wechselseitig Zugewinnausgleich im Wege von Stufenanträgen und die Feststellung des Trennungszeitpunkts. Das AG hat festgestellt, dass die Beteiligten sich am 28.2.2016 getrennt haben, und den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über den Bestand seines Anfangsvermögens, seines Vermögens zum Trennungszeitpunkt und seines Endvermögens zu erteilen sowie die Auskünfte durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu belegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das KG verworfen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
2 Aus den Gründen
Die gem. §§ 112 Nr. 2, 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das KG.
1. Das KG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass die nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer von über 600,00 EUR nicht erreicht werde. Maßgeblich für die Beschwer sei grds. der Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung. Die Beschwerdesumme werde allerdings auch erreicht, wenn der Beschwerdeführer im Falle eines zu niedrigen Beschwerdeantrags diesen noch innerhalb der Begründungsfrist erweitere, sofern nicht der vorangegangene Antrag einen Beschwerdeverzicht enthalte.
Der hinsichtlich des Umfangs seiner Beschwer darlegungspflichtige Antragsgegner habe seine Beschwer zunächst daraus hergeleitet, dass er an der Feststellung des von ihm benannten Trennungsdatums (1.1.2017) ein besonderes Interesse habe, weil die Antragstellerin im Zeitraum zwischen Februar 2016 und Januar 2017 einen Vermögenszuwachs i.H.v. 12.600,00 EUR erzielt habe. Die Antragstellerin habe jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage des korrekten Trennungszeitpunkts keine Auswirkungen auf den Ausgleich dieses Vermögenszuwachses habe, weil das Endvermögen zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags berechnet werde. Der Antragsgegner sei daher durch die Feststellung des Trennungszeitpunkts 28.2.2016 nicht beschwert.
Auch soweit der Antragsgegner innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist seine Beschwerdeanträge dahingehend geändert habe, dass er die Aufhebung der Feststellung des Trennungszeitpunkts und seiner Auskunftsverpflichtung zum 28.2.2016 begehre, sei eine hinreichende Beschwer nicht dargelegt.
Hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung zum festgesetzten Trennungszeitpunkt 28.2.2016 richte sich das Abwehrinteresse des Antragsgegners nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für ihn mit der Auskunftserteilung und Belegvorlage verbunden sei. Ein besonderer Aufwand, der die Beschwerdesumme übersteigen würde, sei trotz eines vorangegangenen gerichtlichen Hinweises weder dargetan noch ersichtlich. Auch der Vortrag der Antragstellerin, sie sehe ein Interesse des Antragsgegners an der Festlegung eines späteren Trennungszeitpunkts darin, dass diesem Ende 2016 das Guthaben seines Festgeldkontos bei der Bank of Scotland ausbezahlt worden sei, was er in seiner Vermögensauskunft bislang verschwiegen habe, könne keine hinreichende Beschwer begründen. Denn der Antragsgegner habe sich dieses Vorbringen nicht zu eigen gemacht und nicht dargelegt, ob, wann und gegebenenfalls in welcher Höhe eine entsprechende Kontoabhebung erfolgt sein soll.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das KG hat die Beschwerde des Antragsgegners zu Unrecht wegen Nichterreichens der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwer von über 600,00 EUR verworfen.
a) Zwar ist das KG zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunftserteilung verpflichteten Beteiligten nach std. Rspr. des BGH (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 4.7.2018 – XII ZB 82/18, FamRZ 2018, 1529 Rn 6 m.w.N.; BGHZ GSZ ...