1. Lösung zu Fall 1
Der Rechtspfleger hat zu prüfen, ob die von dem Antragsteller A, der Ehefrau F und den Kindern K1 und K2 geltend gemachten Anwaltskosten als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind zwar die Anwaltskosten der obsiegenden Partei kraft Gesetzes erstattungsfähig, sodass grds. eine Prüfung, ob deren Aufwand zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, nicht vorzunehmen ist. Jedoch kommt in Ausnahmefällen eine solche Notwendigkeitsprüfung in Betracht. Ein solcher Fall kann dann vorliegen, wenn die Geltendmachung der Anwaltskosten rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist gegeben, wenn der (jeweilige Antragsteller) die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichen Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt in getrennten Prozessen gegen denselben Antragsgegner vorgegangen sind, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür gegeben ist.
Ein solcher Fall hat hier vorgelegen. Der Antragsteller A, dessen Ehefrau F und die Kinder K1 und K2 haben zum selben Zeitpunkt durch denselben Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt S vier verschiedene Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, die gegen dieselbe Antragsgegnerin gerichtet waren und deren Grundlage auf demselben Lebenssachverhalt (nämlich auf derselben Wortberichterstattung) beruhte. Auch die Begründung der jeweiligen Anträge war weitgehend gleichlautend. Einen sachlichen Grund für dieses getrennte Vorgehen haben die jeweiligen Antragsteller nicht dargetan, es ist auch kein Grund für dieses Vorgehen ersichtlich.
Deshalb können die Antragsteller A, F sowie K1 und K2 nur diejenigen Kosten erstattet verlangen, die entstanden wären, wenn sie als Streitgenossen ein einziges Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt hätten. Folglich können sie die Kosten ihrer getrennten Rechtsverfolgung nicht in voller Höhe erstattet verlangen, sondern nur anteilig unter Berücksichtigung der Kosten der drei Parallelverfahren.
Der Rechtspfleger hat deshalb die Anwaltskosten aus einem gedachten einzelnen Verfahren nach einem Gesamtgegenstandswert von (50.000,00 EUR + 50.000,00 EUR + 25.000,00 EUR + 25.000,00 EUR =) 150.000,00 EUR zu ermitteln und den jeweiligen Kostenanteil der Antragsteller an den fiktiv ermittelten Gesamtkosten zu errechnen.
Bei einem gedachten gemeinsamen Verfahren aller vier Antragsteller wären folgende Anwaltskosten angefallen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
2.324,40 EUR |
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(Wert: 150.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
445,44 EUR |
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Gesamt |
2.789,84 EUR |
Eine Gebührenerhöhung für die Vertretung der mehreren Streitgenossen nach Nr. 1008 VV wäre dem Prozessbevollmächtigten bei dem gedachten gemeinsamen Verfahren nicht angefallen, da jeder der Antragsteller seinen höchstpersönlichen Unterlassungsanspruch geltend gemacht hat und daher nicht derselbe Gegenstand im Sinne dieser Vorschrift vorliegt.
Jeder der vier Streitgenossen kann von den Kosten dieses gedachten gemeinsamen Verfahrens nur denjenigen Anteil erstattet verlangen, der ihm anteilig unter Berücksichtigung der Kosten des Parallelverfahrens angefallen wäre. Dies beurteilt sich anhand des Verhältnisses der jeweiligen Einzelstreitwerte zum Gesamtstreitwert. Danach entfallen auf den Antragsteller A und dessen Ehefrau F je ein Drittel der Kosten des gedachten gemeinsamen Verfahrens und auf die Kinder K1 und K2 jeweils ein Sechstel.
Somit sind nur folgende außergerichtliche Kosten erstattungsfähig:
für A und F jeweils |
929,95 EUR |
für K1 und K2 jeweils |
464,97 EUR |
Der Rechtspfleger wird deshalb zugunsten der Antragsteller nur die vorstehend errechneten Beträge festsetzen und die darüber hinausgehenden jeweiligen Kostenfestsetzungsanträge zurückweisen.
2. Lösungen zu Fall 2
I. Unrichtige Sachbehandlung
Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten, zu denen gem. § 1 GKG sowohl die Gerichtsgebühren als auch die gerichtlichen Auslagen gehören, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Eine unrichtige Sachbehandlung in diesem Sinne liegt dann vor, wenn das Gericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen hat, insbesondere einen schweren, offen zu Tage tretenden Fehler begangene hat. Die Erhebung eines Zeugenbeweises über eine zwischen den Parteien nicht (mehr) umstrittene Behauptung ist verfahrensfehlerhaft, da der Kläger hier die Behauptung des Beklagten zur Kilometer-Laufleistung ausdrücklich zugestanden hat und die Behauptung des Beklagten damit nicht mehr beweisbedürftig war. Deshalb war es zwar nicht fehlerhaft, den Zeugen zu dem angesetzten Beweisaufnahmetermin zu laden. Der Fehler des Gerichts lag darin, dass es den Zeugen nicht rechtzeitig abgeladen hat, obwohl der Schriftsatz des Prozess...