§ 3 ZPO
Leitsatz
Wird auf Zahlung eines bezifferten Betrages geklagt, Zug um Zug gegen Auszahlung eines anderen bezifferten Betrages, dann richtet sich der Streitwert nur nach der Differenz der Zahlbeträge.
OLG Schleswig, Beschl. v. 5.1.2021 – 7 W 40/20
I. Sachverhalt
Der Kläger hatte auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 16.800,00 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw und Zahlung eines Nutzungsentgelts i.H.v. 9.693,05 EUR geklagt. Nach Abschluss des Verfahrens hat das Gericht den Streitwert auf bis 8.000,00 EUR festgesetzt. Die hiergegen erhobene Streitwertbeschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat, hatte keinen Erfolg.
II. Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung mindert den Streitwert grds. nicht
Das Gericht hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Streitwertbeschwerde unzulässig ist, da im Falle einer Klagerücknahme die Sechs-Monats-Frist der §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG bereits mit Rücknahme zu laufen beginnt und nicht erst mit der nachfolgenden Kostenentscheidung. Unabhängig davon hat das Gericht klargestellt, dass die zugrunde liegende Festsetzung des Wertes auf bis 8.000,00 EUR nicht zu beanstanden ist. Im Falle einer Klage auf Leistung Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung spielt die Gegenleistung für die Bemessung des Streitwerts grds. keine Rolle und führt daher nicht zur Verminderung des Streitwerts. Maßgebend bleibt die Klageforderung. Daher war hier auch die Zug-um-Zug-Leistung zur Herausgabe des Pkw nicht wertmindernd in Abzug zu bringen.
III. Gleichartige Zug-um-Zug-Gegenleistung führt dagegen zur Reduzierung
Anders verhält es sich jedoch, wenn mit dem Klageantrag eine bezifferte Geldforderung geltend gemacht wird, Zug um Zug gegen Zahlung wiederum einer Geldforderung. Insoweit handelt es nämlich materiell-rechtlich gar nicht um eine Zug-um-Zug-Leistung. Vielmehr werden die wechselseitigen Zahlungspflichten saldiert – hier im Wege der Vorteilsausgleichung. Tatsächlich kann die Klägerin nur (16.800,00 EUR – 9.693,05 EUR =) 7.106,95 EUR verlangen. Faktisch verlangt sie auch nur diesen Betrag. Dadurch, dass sie nicht bereits im Klageantrag die Saldierung vorgenommen hat, sondern ihren Antrag auf Zug-um-Zug-Leistung formuliert hat, ändert sich in der Sache nichts (OLG Bamberg AGS 2019, 415 = MDR 2019, 1190). Ließe man diese Betrachtung außer Ansatz, würde dies dazu führen, dass bei einer Geldforderung Zug um Zug gegen Rückzahlung eines anderen Geldbetrages die Kosten des Rechtsstreits vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers entkoppelt würden.
IV. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist zutreffend. Zwar mindern Gegenleistungen, die Zug um Zug gegen Erfüllung der Klageforderung zu erbringen sind, nicht den Streitwert des Verfahrens. Etwas anderes gilt jedoch, wenn – wie hier – eine Saldierung vorzunehmen ist. Anderenfalls hätte es ein Kläger in der Hand, durch Formulierung des Klageantrags den Streitwert hochzutreiben. Es verhält sich hier nicht anders als bei Zinsen. Werden diese kapitalisiert eingeklagt, bleiben sie dennoch Nebenforderung und damit streitwertneutral (§ 43 Abs. 1 GKG). Die Formulierung das Klageantrags ist für die Wertfestsetzung irrelevant. Ebenso verhält es sich bei wechselseitigen Zahlungsansprüchen, wenn nicht der Saldo eingeklagt wird, sondern der Klageantrag als Zug-um-Zug-Leistung formuliert wird.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 5/2021, S. 235 - 236