1. Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz
Gem. § 21 Abs. 2 S. 1 GKG entscheidet das Gericht über die Frage, ob Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben sind. Ist dem betreffenden Kostenschuldner bereits der beanstandete Gerichtskostenansatz zugegangen, ist über den Antrag auf Nichterhebung der Kosten im Rahmen einer Erinnerung gegen diesen Kostenansatz gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zu entscheiden (BSG, Beschl. v. 29.12.2011 – B 13 SF 3/11 S; BVerwG NVwZ 2006, 479; BGH NJW 2002, 3410; s. auch BFH RVGreport 2016, 318). An diese Rspr. hatte sich hier die Einzelrichterin des V. ZS des BGH gehalten.
2. Unrichtige Sachbehandlung
Es ist allgemein anerkannt, dass nicht jede unrichtige Sachbehandlung seitens des Gerichts zur Nichterhebung von Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 S. 1 GKG führt. Vielmehr muss das Gericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen haben oder einen schweren Verfahrensfehler begangen haben, der offen zutage tritt (BFH BFH/NV 2014, 867; BVerwG NVwZ 2006, 479).
3. Auseinanderfallen von Wert der Beschwer und Streitwert
Zutreffend hat die Einzelrichterin des V. ZS des BGH ausgeführt, der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Wert der Beschwer könne nicht generell mit dem für die Berechnung der Gerichts-/Anwaltsgebühren maßgeblichen Streitwert übereinstimmen. In seinem in dieser Sache ergangenen Beschluss vom 1.10.2020 hat der BGH im Einzelnen ausgeführt, wie sich der Wert der Beschwer für die Klägerin berechnet. Maßgeblich ist insoweit bei einer einschränkungslosen Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft der Anteil der Klägerin an dem Gesamtergebnis der Abrechnung oder des Wirtschaftsplans. Denn der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten.
Demgegenüber berechnet sich der für die Gerichtsgebühren maßgebende Streitwert in Wohnungseigentumssachen nach Maßgabe des § 49a GKG, bei dessen Anwendung eine Reihe von anderen Kriterien als das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu berücksichtigen sind. Infolge dessen entspricht der gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (BGH NZM 2017, 530). Andererseits erhöht sich der nach dem wirtschaftlich zu bemessenden Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu bemessende Wert der Beschwer nicht dadurch, dass sich in Anwendung der für den Streitwert maßgeblichen Vorschrift des § 49a GKG ein höherer Streitwert ergibt. Dies gilt i.Ü. auch im umgekehrten Fall, wenn der sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung bemessende Wert der Beschwer höher ist als der gem. § 49a GKG zu bestimmende Streitwert.
4. Terminologie
Aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung in Kostensachen weiß ich, dass Gerichte und auch Rechtsanwälte die verschiedenen Werte, die ganz unterschiedliche Bedeutung haben, nicht immer richtig auseinanderhalten. Die Entscheidung des BGH ist ein guter Beleg dafür, dass der für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde maßgebliche Wert der Beschwer nicht mit dem für die Bemessung der Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert übereinstimmt. Diese Unkenntnis führt zu Verwechslungen und vielfach auch zu von Anfang an keinen Erfolg versprechenden Rechtsmitteln.
Allerdings ist auch dem BGH in seinem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ein solcher Fehler unterlaufen, hat er nämlich in seinem Beschluss vom 1.10.2020 den "Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens" festgesetzt. Hierfür bestand jedoch keinerlei Veranlassung und die Voraussetzungen für die Festsetzung des für die Berechnung der Anwaltsgebühren der Parteienvertreter maßgeblichen Gegenstandswertes lagen nicht vor. Vielmehr wollte der BGH in seinem Beschluss offensichtlich den für die Bemessung der Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert festsetzen, hat sich jedoch dabei in der Bezeichnung des betreffenden Wertes vertan. Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich nämlich der Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren grds. nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften.
Hat das Prozessgericht den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert festgesetzt, ist diese Festsetzung gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Eine gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes kommt nur dann in Betracht, wenn die für die Gerichtsgebühren erfolgte Wertfestsetzung nicht auch für eine oder alle Anwaltsgebühren eines Parteienvertreters maßgeblich ist. Ein solcher Fall kann bspw. vorliegen, wenn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten von seinem Mandanten mit der Vertretung im Rechtsstreit erst beauftragt worden ist, nachdem der Kläger zuvor einen Teil der Klage zurückgenommen hatte. Die gerichtliche Verfahre...