I. Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten von Streitgenossen
1. Grundsatz
Grds. steht es verklagten Streitgenossen – hier also den Eheleuten M und F – in erstattungsrechtlicher Hinsicht frei, sich jeweils von einem eigenen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Dies hat zur Folge, dass im Falle des hier vorliegenden Obsiegens der Eheleute die jedem Streitgenossen entstandenen Anwaltskosten erstattungsfähig sind. In Anwendung dieses Grundsatzes wäre somit den Kostenfestsetzungsanträgen der Rechtsanwälte A und B stattzugeben.
2. Ausnahme
Eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Kosten eines eigenen Rechtsanwalts für jeden Streitgenossen liegt bei einem Rechtsmissbrauch vor. Die Beklagten waren nämlich gehalten, die Kosten ihrer Prozessführung so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Steht fest, dass für die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts kein sachlicher Grund bestanden hat, sind die hierdurch angefallenen Mehrkosten nicht erstattungsfähig. Vorliegend sind keine plausiblen und schutzwürdigen Belange der Eheleute dafür ersichtlich, dass ein sachlicher Grund für die Bestellung eines eigenen Rechtsanwalts zum Prozessbevollmächtigten für jeden von ihnen vorgelegen hätte.
Die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens hat sich gleichermaßen gegen beide Eheleute als Gesamtschuldner gerichtet. Dass im Innenverhältnis der beiden Eheleute zueinander eine vom Grundsatz des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB abweichende Ausgleichspflicht in Betracht gekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Außerdem waren die Interessen der beiden Beklagten vollständig gleichgelagert. Dies ergibt sich einmal daraus, dass sich Rechtsanwalt B ausschließlich auf die Ausführungen in den Schriftsätzen des Rechtsanwalts A bezogen hat. Die Beklagten haben auch den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht durch jeweils ihren eigenen Rechtsanwalt wahrnehmen lassen. Vielmehr hat Rechtsanwalt B sowohl seine Mandantin als auch den Rechtsanwalt A in dem Termin vertreten und Klageabweisung beantragt.
II. Berechnung der erstattungsfähigen Kosten
Ist somit für die beiden Beklagten ein sachliches Bedürfnis für die Hinzuziehung eines eigenen Rechtsanwalts nicht erkennbar, können sie nur diejenigen Anwaltskosten erstattet verlangen, die einem – fiktiv bestellten – gemeinsamen Prozessbevollmächtigten angefallen wären. Dies wären folgende Gebühren und Auslagen gewesen:
1. |
1,3 + 0,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
534,40 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
400,80 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
181,49 EUR |
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Gesamt |
1.136,69 EUR |
Der Klägervertreter wird deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren auf diese Rechtslage hinweisen und geltend machen, dass nur die vorstehend errechneten Kosten eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten beider Beklagter erstattungsfähig sind. Dabei sind entsprechende Hinweise auf die Rspr. hilfreich.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 5/2022, S. 199 - 201