I. Fragen
1. Fall 1
Der Kläger hat bei dem zuständigen Prozessgericht Zahlungsklage über 100.000,00 EUR nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.2. erhoben. Das Gericht teilt im Termin zur mündlichen Verhandlung seine vorläufige Auffassung mit, dass die Klagehauptforderung wohl begründet sei. Der Beklagte kündigt insoweit ein Anerkenntnis an. Statt der Verzugszinsen sieht das Gericht jedoch nur die Zinsen ab Rechtshängigkeit, ab dem 1.6. als begründet an, die der Beklagte ebenfalls anerkennt.
Was wird der Klägervertreter seinem Mandanten im Kosteninteresse raten?
2. Fall 2
Der Kläger K hatte den Eheleuten M und F ein Darlehen über 5.000,00 EUR gegeben, das fällig wurde. Vorgerichtliche Versuche, die Eheleute zu dessen Rückzahlung zu bewegen, blieben erfolglos. Er klagt deshalb gegen M und F als Gesamtschuldner auf Rückzahlung dieses Darlehens. Im Rechtsstreit lässt sich der Beklagte M durch Rechtsanwalt A und die Beklagte F durch Rechtsanwalt B als Prozessbevollmächtige vertreten. Dies geschieht dergestalt, dass Rechtsanwalt A für seinen Mandanten in mehreren Schriftsätzen ausführlich aus Beklagtensicht die Sach- und Rechtslage darstellt, wohingegen Rechtsanwalt B für seine Mandantin F lediglich kurze Schriftsätze einreicht, in denen er die Ausführungen in den Schriftsätzen des Rechtsanwalts A in Bezug nimmt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint auf Beklagtenseite nur Rechtsanwalt B für die Beklagte F und zugleich als Vertreter des Rechtsanwalts A und beantragt für beide Beklagte, die Klage abzuweisen.
Das Prozessgericht weist die Klage gegen beide Beklagten ab und erlegt dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auf. Rechtsanwalt A und Rechtsanwalt B reichen jeweils einen Kostenfestsetzungsantrag ein, in dem sie jeweils folgende Gebühren und Auslagen geltend machen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
434,20 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
400,80 EUR |
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(Wert: 5.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
162,45 EUR |
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Gesamt |
1.017,45 EUR |
Insgesamt beantragen beide Beklagte somit die Festsetzung von Anwaltskosten i.H.v. 2.034,90 EUR.
Was wird der Klägervertreter im Kostenfestsetzungsverfahren vortragen?
II. Lösungen
1. Lösung zu Fall 1
I. Prozessuale Lage
Beantragt der Kläger den Erlass eines Teil-Anerkenntnisurteils über die Hauptforderung und die Rechtshängigkeitszinsen, wird das Gericht dem Antrag gem. entsprechend dem Anerkenntnis des Beklagten diesem Antrag entsprechen. Hinsichtlich der Zinsdifferenz müsste das Gericht die Klage abweisen.
II. Einfluss auf die gerichtliche Verfahrensgebühr
In diesem Fall würde sich die vom Kläger gezahlte 3,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 GKG KV i.H.v. 3.387,00 EUR nicht nach Nr. 1211 Nr. 2 GKG KV auf den Satz von 1,0 ermäßigen. Durch den Erlass des Anerkenntnis-Teilurteils würde nämlich nicht das gesamte Verfahren beendet worden sein. Das Gericht müsste nämlich durch Teilurteil die Zinsmehrforderung abweisen.
Der Klägervertreter wird deshalb seinem Mandanten raten, die Klage wegen der Zinsdifferenz vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückzunehmen. Dies hätte dann zur Folge, dass sich die gerichtliche Verfahrensgebühr nach Nr. 1211 Nr. 1a GKG KV (wegen der Teilklagerücknahme hinsichtlich der Zinsdifferenz) und nach Nr. 1211 Nr. 2 GKG KV (wegen des Anerkenntnis-Teilurteils hinsichtlich der Hauptforderung und der Rechtshängigkeitszinsen) auf den Satz von 1,0 ermäßigt. Bei dem Streitwert von 100.000,00 EUR ermäßigt sich somit die 3,0-Verfahrensgebühr i.H.v. 3.387,00 EUR auf einen Betrag von 1.129,00 EUR, was eine Ersparnis des Klägers von 2.258,00 EUR ausmacht. Die Justizkasse wird diesen Betrag dann an den Kläger zurückzahlen.
III. Einfluss auf die Kostenentscheidung
Nachteilige Auswirkungen der Klagerücknahme wegen der Zinsdifferenz auf die Kostenentscheidung sind praktisch nicht zu befürchten. Soweit der Beklagte die Klagehauptforderung nebst Rechtshängigkeitszinsen anerkannt hat, wird das Gericht ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegen, falls kein sofortiges Anerkenntnis i.S.v. § 93 ZPO vorliegt. Wäre dies der Fall, wären dem Kläger auch insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, was aber nicht mit der Teil-Klagerücknahme zusammenhängt.
Soweit der Kläger seine Klage wegen der Zinsdifferenz zurückgenommen hat, wird das Gericht dem Kläger nicht die Kosten des Rechtsstreits gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO anteilig auferlegen. Zwar kommt eine Kostenverteilung grds. auch bei einem Unterliegen wegen eines Teils des Zinsanspruchs in Betracht, obwohl Zinsen gem. § 4 Abs. 1 ZPO, § 43 Abs. 1 GKG bei der Wertberechnung unberücksichtigt bleiben. Jedoch ist der Anteil des Teilunterliegens des Klägers wegen der geringen Zinsmehrforderung im Verhältnis zur Hauptforderung und der Rechtshängigkeitszinsen so gering, dass in der Praxis in einem solchen Fall keine Kostenquotelung vorgenommen wird. Den Beklagten werden dann die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Selbst wenn aber dem Kläger ein ganz geringer Teil der Kosten auferlegt werden würde, wären die erstattungsr...