1. Grundsätze
Der BGH hat auf seine ständige Rspr. verwiesen, wonach ein Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Anwaltskosten zu erstatten hat. Vielmehr sind danach nur solche Anwaltskosten zu ersetzen, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Dies beurteilt sich nach Auffassung des BGH ex ante aus der Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person. Dabei sind nach den weiteren Ausführungen des BGH keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Vielmehr komme es darauf an, wie sich die voraussichtliche Abwicklung des Schadensfalles aus der Sicht des Geschädigten darstelle (BGH NJW-RR 2016, 511; BGH AGS 2015, 589 = RVGreport 2016, 25 [Hansens] = zfs 2016, 44 m. Anm. Hansens; BGH NJW 2005, 1112).
Ein solcher zum Schadensersatz berechtigender Fall dann vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung in Zahlungsverzug gerät. Selbst in einfach gelagerten Fällen sei – so fährt der BGH fort – zur Beitreibung einer solchen Forderung die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig. Das seinerseits Erforderliche tue der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setze. Demgegenüber müsse er eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung nicht hinnehmen. Folglich kann er nach Auffassung des BGH seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen (BGH NJW 2015, 3793).
2. Die Umstände im Fall des BGH
Die Voraussetzungen für einen solchen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch lagen hier nach Auffassung des BGH vor. Die Beklagte habe sich seit dem 17.7.2018 in Verzug befunden. Erst neun Tage später habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sein kostenauslösendes Mahnschreiben verschickt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die offenen Rechnungsbeträge ohne die anwaltliche Tätigkeit bezahlen würde, habe die Klägerin nicht gehabt. Der Umstand, dass bei der Klägerin eine Zahlung i.H.v. 3.911,45 EUR am 27.7.2018 eingegangen sei, habe keinen Einfluss auf die ex ante Sicht der Klägerin gehabt. Es sei nämlich nicht ersichtlich noch von der Beklagten behauptet worden, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Beauftragung ihres Rechtsanwalts Kenntnis von der anstehenden Zahlung hatte oder hätte haben müssen.
Nach den weiteren Ausführungen des BGH ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Beklagte auf die Zahlungsaufforderungen der Klägerin nicht reagiert hatte, nicht, dass diese eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung durch einen Rechtsanwalt nicht als erfolgversprechend ansehen musste. Gerade in Fällen wie hier, in denen der Grund für die unterbliebene Zahlung im Dunkeln bleibe, sei die Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts zweckmäßig (BGH NJW 2015, 3793).