Der Entscheidung des OLG Saarbrücken ist im Ergebnis zuzustimmen. Die Entscheidung berücksichtigt die beiden für das Prozess- und Verfahrenskostenhilferecht wesentlichen Änderungen im SGB XII zum 1.1.2023 in § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII sowie in § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. der dazu geänderten Durchführungsverordnung.
Um die Angemessenheit eines Kraftfahrzeuges im Prozess- oder Verfahrenskostenhilfeverfahren gerichtlich überprüfen zu können, hat die Antragstellerin bzw. der Antragsteller im entsprechenden Formularsatz einen konkreten aktuellen Verkehrswert eines ggf. vorhandenen Kraftfahrzeuges anzugeben (Sieper, a.a.O.), § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII enthält wie oben bereits erwähnt keine Regelung wie in § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, die eine Angemessenheit allein durch eine Selbstauskunft der Antragstellerin bzw. des Antragstellers im Antrag vermutet. § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO verweist auf die Regelungen des SGB XII, nicht hingegen auf § 12 SGB II. Die Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 90 SGB XII zum 1.1.2023 will jedoch zukünftig keine Einzelfallprüfung bei der grundsätzlichen Gestattung eines Kraftfahrzeuges mehr vornehmen. Ob die Gerichte bei der Überprüfung der Angemessenheit diese Fragestellung trotzdem eröffnen werden, bleibt abzuwarten (so auch Sieper, a.a.O.).
Die Neufassung von § 5 Abs. 1 S. 1 KfzHVO (Art. 13d Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) v. 2.6.2021 (BGBl. I, 1387) weist nunmehr einen Höchstwert bis zu einem Betrag von 22.000,00 EUR aus. Die Änderung soll die Höhe des Bemessungsbetrages an die derzeitigen Autopreise für ein Fahrzeug der unteren Mittelklasse anpassen. Das Statistische Bundesamt geht laut der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 19/28834, 61) von einem jährlichen Anstieg der Anschaffungskosten für entsprechende Fahrzeuge von über 3 Prozent aus und die letzte Anpassung erfolgte im Jahr 1990. Legt man hier den gleichen Bewertungsansatz wie in der damaligen Entscheidung des BSG (BSG, a.a.O.) mit einem Abschlag von ca. 20 % zugrunde, so wäre hiernach ein Verkehrswert i.H.v. ca. 17.600,00 EUR als angemessen zu betrachten.
Jedenfalls geht die Gesetzesbegründung zur aktuellen Änderung zu § 90 SGB XII sowie die aktuelle herrschende Rspr. (s. die vorliegende Entscheidung des OLG Saarbrücken sowie OLG Oldenburg, a.a.O.) und Lit. (Reichling, BeckOK ZPO, a.a.O., § 115 Rn 81a; Fischer, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., 2023, § 115 Rn 54; Prof. Dr. Kirchhoff, in: Hauck/Noftz, SGB XII, a.a.O., § 90 Rn 159) bei der Frage der Angemessenheit derzeit noch von einem Verkehrswert i.H.v. 7.500,00 EUR aus.
Ob die künftige Rspr. sich – gerade auch in Anbetracht der aktuellen Preisentwicklung im Fahrzeugmarkt und der hohen Inflationsrate – an diesem bereits gesetzlich geänderten deutlich höheren Wert in § 5 Abs. 1 S. 1 KfzHVO zur Bestimmung des Verkehrswertes eines angemessenen Kraftfahrzeuges i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII orientieren wird, bleibt abzuwarten.
Der den angemessenen Verkehrswert überschießende Betrag ist dem noch nicht ausgeschöpften Schonvermögensbetrag des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu belasten.
Dipl.-RPfleger Joachim Dietrich, Mandelbachtal
AGS 5/2023, S. 232 - 235