1. Streit um den Gegenstandswert
Der Entscheidung des OLG Brandenburg ist zuzustimmen. Das OLG befasst sich mit einer Problematik, die sowohl von der Anwaltschaft als auch von den Richtern und Rechtspflegern häufig falsch behandelt wird. Dabei ist die Rechtslage an sich ganz einfach: Im Kostenfestsetzungsverfahren ist vom Rechtspfleger/Beschwerdegericht nicht über den Gegenstandswert der zur Festsetzung angemeldeten Anwaltsgebühren zu entscheiden.
a) Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes
Ist der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert durch Beschluss des Prozessgerichts festgesetzt worden, ist diese gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebend. Anderenfalls ist dann, wenn eine Partei im Kostenfestsetzungsverfahren geltend macht, der gerichtlich festgesetzte Wert sei nicht für die Anwaltsgebühren maßgeblich, dieser Streit auf Antrag im Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 RVG zu entscheiden. Über diesen Antrag hat das Gericht des Rechtszuges, also der Richter, und nicht der mit dem Kostenfestsetzungsverfahren befasste Rechtspfleger zu entscheiden. Macht eine Partei im Kostenfestsetzungsverfahren geltend, die Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren sei unzutreffend, hat sie hiergegen Beschwerde, etwa gem. § 68 GKG einzulegen. Auch diese Frage ist dann vom Prozessgericht oder dem Beschwerdegericht, nicht hingegen vom Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden.
b) Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens
In beiden Fällen hat der Rechtspfleger das Kostenfestsetzungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Wertfestsetzungsverfahrens auszusetzen. Für das Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG ist die Verpflichtung zur Aussetzung ausdrücklich in § 11 Abs. 4 RVG geregelt (OLG Brandenburg AGS 2014, 65; LAG Mainz RVGreport 2012, 416 [Hansens]). Dies gilt auch dann, wenn die Einwendungen gegen die Festsetzung des Streitwertes erhoben werden bzw. der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes während des Erinnerungs- oder Beschwerdeverfahrens gestellt wird (FG Dessau-Roßlau AGS 2014, 222).
Für das Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO gibt es keine dem § 11 Abs. 4 RVG entsprechende gesetzliche Regelung. Gleichwohl ist es in der Rspr. allgemein anerkannt, dass das Kostenfestsetzungsverfahren bis zur Entscheidung über eine Streitwertbeschwerde oder einen Antrag auf gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes auszusetzen ist (BGH AGS 2014, 246 = RVGreport 2014, 240 [Hansens]; OLG Düsseldorf AGS 2010, 568 und das OLG Brandenburg hier). Rechtsgrundlage für die Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens auch in der Beschwerdeinstanz dürfte § 248 ZPO sein, während der BGH (a.a.O.) die Verpflichtung zur Aussetzung auf eine entsprechende Anwendung des § 11 Abs. 4 RVG gestützt hat. So oder so: Bei Streit über den für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgeblichen Streitwert/Gegenstandswert ist das Kostenfestsetzungsverfahren zwingend auszusetzen. Dies hatte hier der Rechtspfleger des LG Potsdam nicht beachtet.
2. Keine gestaffelte Streitwertfestsetzung
Zutreffend hat das OLG Brandenburg auch ausgeführt, eine gestaffelte Streitwertfestsetzung sei unzulässig. Die gerichtliche Verfahrensgebühr wird nämlich gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit der Einreichung der Klageschrift fällig und fällt gleichzeitig an. Sämtliche Reduzierungen des Streitwertes nach Einreichen der Klageschrift haben somit auf die Berechnung der gerichtlichen Verfahrensgebühr keinen Einfluss.
3. Gestaffelte Festsetzung des Gegenstandswertes
Anders ist dies bei der auf Antrag eines Antragsberechtigten gem. § 33 RVG vorzunehmenden Festsetzung des Gegenstandswertes. Hier kann es durchaus zu einer zeitlichen Staffelung führen. In der Praxis wird auch der Gegenstandswert für einzelne Anwaltsgebühren gesondert festgesetzt. Dies kommt dann in Betracht, wenn sich der Streitwert nach Klageeinreichung – etwa infolge einer Teil-Klagerücknahme – reduziert. Für die dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten danach anfallenden Gebühren ist dann der entsprechend verringerte Gegenstandswert maßgeblich, während für den Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Berechnung der anwaltlichen Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV im Regelfall der nicht reduzierte Gegenstandswert maßgeblich ist. Für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten hängt es davon ab, wann die Teil-Klagerücknahme wirksam geworden ist und wann der Beklagtenvertreter den Klageauftrag erhalten hat.
4. Berücksichtigung der Umsatzsteuer
a) Prüfung des Anfalls der Umsatzsteuer
Im Kostenfestsetzungsverfahren ist ungeachtet einer Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO zunächst zu klären, ob die geltend gemachte Umsatzsteuer überhaupt angefallen ist. Die Regelung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO betrifft nämlich lediglich die Frage, ob der Erstattungsberechtigte die Umsatzsteuer als Vorsteuer absetzen kann. Die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO besagt demgegenüber nichts darüber aus...