§ 33 RVG; Nr. 3104 VV RVG
Leitsatz
Ergehen im Laufe des Verfahrens mehrere Teilanerkenntnisurteile im schriftlichen Verfahren, so entsteht die Terminsgebühr aus der Summe der Werte der einzelnen Anerkenntnisse.
LG Düsseldorf, Beschl. v. 3.4.2023 – 22 T 20/23
I. Sachverhalt
Der Kläger hatte einen Betrag i.H.v. 1.804,00 EUR eingeklagt. Auf entsprechendes Teilanerkenntnis erging sodann ein Teilanerkenntnisurteil über einen Betrag i.H.v. 250,00 EUR. Der Kläger nahm daraufhin die Klage in der Hauptsache i.H.v. 1.304,00 EUR zurück und verlangte jetzt nur noch weitere 250,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 189,64 EUR. Die Beklagte erkannte die weiteren 250,00 EUR an. Durch zweites Teilanerkenntnis und Schlussurteil wurde die Beklagte dann zur Zahlung weiterer 250,00 EUR verurteilt. Die Klage hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde abgewiesen. Das Gericht hat sodann den Streitwert auf 1.804,00 EUR bis zum 30.12.2022, auf 1.554,00 EUR bis zum 13.2.2023, auf 250,00 EUR seit dem 14.2.2023 und auf 189,64 EUR seit dem 15.2.2023 festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger Beschwerde erhoben und darauf hingewiesen, dass eine gestaffelte Wertfestsetzung unzulässig sei. Zudem hat er beantragt, den Gegenstandswert der anwaltlichen Terminsgebühr auf 500,00 EUR festzusetzen. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands nicht erreicht sei. Den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts für die Terminsgebühr hat das AG zurückgewiesen, wogegen der Kläger ebenfalls Beschwerde erhoben hat. Das LG hat die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung als unzulässig verworfen, gleichzeitig aber den Streitwert von Amts wegen – wie beantragt – auf 1.804,00 EUR festgesetzt. Auf die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandwerts hat das Gericht den Gegenstandswert der Terminsgebühr antragsgemäß auf 500,00 EUR festgesetzt.
II. Unzulässigkeit der Streitwertbeschwerde
Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung war unzulässig, da der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200,00 EUR nicht erreicht ist.
III. Abänderung von Amts wegen
Ungeachtet dessen war aber von Amts wegen die fehlerhafte Streitwertfestsetzung des AG nach § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG zu korrigieren.
Bei der Streitwertfestsetzung hat keine gestaffelte Wertfestsetzung nach Zeitabschnitten zu erfolgen, denn die Streitwertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG dient lediglich der Bemessung der Gerichtsgebühr. Soweit für einzelne Gebührentatbestände der anwaltlichen Tätigkeit ein von dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert abweichender Wert heranzuziehen ist, eröffnet die Vorschrift des § 33 RVG die Möglichkeit, den Wert für die anwaltliche Vergütung auf Antrag durch Beschluss selbstständig festzusetzen.
IV. Beschwerde gegen Ablehnung der Festsetzung des Gegenstandswerts ist begründet
Die Beschwerde gegen die unterbliebene Wertfestsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Terminsgebühr ist dagegen begründet. Die Form- und Fristerfordernisse des § 33 Abs. 3 RVG finden hier keine Anwendung, weil das AG die Wertfestsetzung aus verfahrensrechtlichen Gründen verweigert hat und somit eine Entscheidung in der Sache fehlt. Das AG hat den Antrag bereits als unzulässig angesehen, weil die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 RVG nicht vorlägen. Diese Annahme war unzutreffend. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für die Terminsgebühr war vielmehr gem. § 33 RVG gesondert festzusetzen.
Der Wert der anwaltlichen Terminsgebühr richtet sich hier abweichend von § 32 Abs. 2 RVG nicht nach dem einheitlich auf 1.804,00 EUR festgesetzten Gebührenstreitwert.
Aufgrund des Teilanerkenntnisurteils im schriftlichen Verfahren ist zunächst gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV eine Terminsgebühr aus dem Wert von 250,00 EUR entstanden.
Für das zweite Teilanerkenntnisurteil ist eine weitere Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entstanden. Soweit daneben noch vorgerichtliche Kosten geltend gemacht worden sind, sind diese nicht werterhöhend zu berücksichtigen (§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, § 43 GKG).
Da die Terminsgebühr gem. § 15 Abs. 2 RVG insgesamt nur einmal entsteht, waren die beiden vorgenannten Werte gem. § 22 Abs. 1 RVG zu addieren.
V. Bedeutung für die Praxis
1. Unzulässigkeit gestaffelter Wertfestsetzungen
Gestaffelte Wertfestsetzungen sind unzulässig (OLG München AGS 2017, 336 = MDR 2017, 243 = NJW-RR 2017, 700; LG Mainz AGS 2018, 571 m. Anm. N. Schneider = NJW-Spezial 2018, 701; LG Stendal NJW-RR 2019, 703 = AGS 2019, 228 = JurBüro 2019, 368; OLG Bremen JurBüro 2022, 141 = NZFam 2022, 180 = NJW-Spezial 2022, 92 = AGS 2022, 92).
Das LG hat auch zu Recht vom Amts wegen (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 GKG) den Wert zutreffend einheitlich festgesetzt. Dabei kann offenbleiben, ob eine solche Abänderung auch auf eine unzulässige Beschwerde hin erfolgen darf (dafür: z.B.: LAG Düsseldorf JurBüro 2017, 311 = AGS 2017, 412; dagegen OLG Köln JurBüro 2019, 464 = AGS 2020, 131). Hier lag jedenfalls eine zulässige Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG vor, sodass auf jeden Fall ein Abänderungsrecht nach § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 S. 2 GKG bestand.
2. Zulässigkeit einer Beschwerde...