1. Lösung zu Fall 1
I. Verfahrensgebühr
Rechtsanwalt K ist für das Einreichen der Klageschrift (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV) die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV angefallen.
II. Terminsgebühr
Rechtsanwalt K hat zwar keinen Verhandlungstermin wahrgenommen, was nach Vorbem. 3 S. 1 VV eine Terminsgebühr ausgelöst hätte. Gleichwohl ist ihm nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen. Rechtsanwalt K hat nämlich – wenn auch einseitige – Telefongespräche mit dem Amtsrichter geführt, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet waren und die hier sogar mit dem Abschluss des schriftlichen Vergleichs zur Erledigung des Rechtsstreits geführt haben. Führt der Richter mit den Parteienvertretern nacheinander einseitige Gespräche, die der Erledigung des Rechtsstreits dienen sollen, löst dies bei den betreffenden Rechtsanwälten nach weit verbreiteter Auffassung die Terminsgebühr für Besprechungen aus.
III. Einigungsgebühr
Rechtsanwalt K hat ferner beim Abschluss des Einigungsvertrags (Vergleich) mitgewirkt, durch den der Streit über die Werklohnforderung des Klägers beseitigt worden ist. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts liegt einmal in den über den Amtsrichter geführten Vergleichsverhandlungen, zum zweiten auch in der Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlags. Hierdurch ist die 1,0-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV i.V.m. Nr. 1003 VV ausgelöst worden.
IV. Vergütungsberechnung des Rechtsanwalts K
Rechtsanwalt K kann somit seine Vergütung wie folgt in Rechnung stellen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
288,60 EUR |
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(Wert: 2.500,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
266,40 EUR |
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(Wert: 2,500,00 EUR) |
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3. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
222,00 EUR |
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(Wert: 2.500,00 EUR) |
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
151,43 EUR |
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Gesamt |
948,43 EUR |
2. Lösung zu Fall 2
I. Erstattungsberechtigter
Der Kostenbeschluss des LG Hamburg ist ausweislich seines Rubrums zugunsten des kurz vorher verstorbenen E ergangen. Obwohl E infolge seines Todes nicht (mehr) rechtlich existent ist, wird seine Parteifähigkeit sowohl für die Geltendmachung seiner Nichtexistenz als auch für die Titulierung seines hierdurch entstandenen Kostenerstattungsanspruchs fingiert. Hierbei wird E durch seinen – von ihm noch zu Lebzeiten beauftragten – Prozessbevollmächtigten, nämlich von Rechtsanwalt B vertreten.
II. Entstandene Kosten
Rechtsanwalt B ist für die Entgegennahme der Information im ersten kurzen Informationsgespräch nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV die Verfahrensgebühr entstanden. In seinem Schriftsatz hat Rechtsanwalt B allein auf den Tod des E hingewiesen und deshalb die Abweisung der Klage als unzulässig beantragt. Das Einreichen dieses Schriftsatzes beim LG, der sowohl Sachvortrag als auch einen Sachantrag enthält, hat nach Nr. 3101 Nr. 1 VV die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV ausgelöst.
Ferner ist die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV und 19 % Umsatzsteuer auf den Gesamtbetrag nach Nr. 7008 VV angefallen.
III. Kostenfestsetzungsantrag
Rechtsanwalt B wird deshalb für den verstorbenen E die Festsetzung folgender Kosten beantragen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
1.136,20 EUR |
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(Wert: 25.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
219,68 EUR |
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Gesamt |
1.357,88 EUR |
IV. Kostenfestsetzungsbeschluss
Der mit diesem Antrag befasste Rechtspfleger des LG Hamburg wird nach Anhörung des Klägers diese Kosten zugunsten des verstorbenen E antragsgemäß festsetzen. Erstattungsrechtliche Probleme ergeben sich insoweit nicht. Es sind nur diejenigen Kosten zur Festsetzung angemeldet worden, die zur Geltendmachung der Nichtexistenz des E angefallen sind. Ferner liegt zugunsten des E in dem Kostenbeschluss nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel i.S.v. § 103 Abs. 1 ZPO vor, sodass auch die verfahrensrechtliche Voraussetzung für die begehrte Festsetzung der Kosten erfüllt ist.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 5/2023, S. 199 - 201