§ 46 RVG

Leitsatz

Kosten für die Beschaffung einer externen Festplatte bzw. eines gleichwertigen Speichermediums zum Zwecke des Empfangs bzw. der Einsichtnahme von verfahrensgegenständlichen Audio-Dateien sind erforderliche Auslagen i.S.v. § 46 Abs. 1 RVG.

OLG Jena, Beschl. v. 27.12.2023 – 3 St 2 BJs 4/21

I. Sachverhalt

Die Rechtsanwälte sind in einem beim Staatsschutzsenat des OLG anhängigen Verfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a. tätig. Sie haben beantragt, festzustellen, dass die Kosten für die Beschaffung einer externen Festplatte bzw. eines gleichwertigen Speichermediums zum Zwecke des Empfangs bzw. der Einsichtnahme der verfahrensgegenständlichen Audio-Dateien erforderliche Auslagen i.S.v. § 46 Abs. 1 RVG sind. Das OLG hat dem Antrag entsprochen.

II. Keine Kosten des allgemeinen Bürobetriebs

Die genannten Auslagen sind nach Auffassung des OLG Jena zur sachgerechten Durchführung des Verfahrens seitens der Verteidigung erforderlich. Es handele sich bei den in Rede stehenden Anschaffungskosten auch aus Sicht des OLG nicht um Kosten, die bereits für den allgemeinen Bürobetrieb der Strafverteidiger angefallen seien. Aufwendungen für Computer und EDV-Anlagen zählen nur insoweit zu den allgemeinen Geschäftskosten, als sie für die Unterhaltung des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwalts im Allgemeinen entstehen (OLG Hamm, Beschluss v. 6.5.2015 – 2 Ws 40/15, RVGreport 2015, 266). Das Datenvolumen der in Rede stehenden Beweismittel sei mit ca. zwei Terabyte so groß, dass es die für die Unterhaltung des Kanzleibetriebs im Allgemeinen entstehenden Aufwendungen für Speicherbedarf übersteigen wird (vgl. OLG Hamm, a.a.O.) und dies zudem für eine erhebliche Dauer.

Hinzu trete, dass der Senat auch bekannt gegeben habe, dass entsprechende Datenträger aufgrund des damit verbundenen Beschaffungsaufwandes seitens des OLG nicht zur Verfügung gestellt werden können, diese aber bereits zum Transfer der Daten auf die Endgeräte der Verteidigung erforderlich wären.

III. Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist zutreffend. Ähnlich wie das OLG Hamm, auf dessen Beschluss das OLG Jena verwiesen hat, hatte ja bereits vor einiger Zeit auch das KG entschieden (vgl. RVGreport 2014, 233 = AGS 2014, 50), das u.a. die Beschaffungskosten für zwei CDs zur Speicherung von Beweismitteln, deren Kenntnis für eine sachgerechte Verteidigung unerlässlich war, erstattet hat. I.Ü. kann der Pflichtverteidiger auch nicht nur die Sachkosten für die Festplatten verlangen, sondern kann auch noch die ggf. entstandenen Personalkosten für die Erstellung der Kopien geltend machen (s. auch KG, a.a.O.), allerdings nicht (anteilige) Beschaffungskosten für die Hard- und Software, die als Gemeinkosten nicht gesondert erstattungsfähig sind (Vorbem. 7 Abs. 1 VV, dazu die Anmerkungen zur Vorbem. 7 VV in Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021).

Mir erschließt sich allerdings nicht, warum das OLG, worauf der Senat ausdrücklich hinweist, nicht in der Lage ist/sein soll/sein will, entsprechende Datenträger selbst zur Verfügung zu stellen. So groß ist der damit verbundene Beschaffungsaufwand ja nun nicht. Man hat den Eindruck, dass sich das OLG dahinter verstecken will.

Der Kollege, der mir den Beschluss übersandt hat, hatte noch angemerkt, der Bezirksrevisor habe bereits darauf hingewiesen, dass die Festplatten nach "Abschluss des Verfahrens" an das OLG herauszugeben seien. Dazu ist anzumerken: Gegen ein Herausgabeverlangen ist grds. nichts einzuwenden, nur ist der für die Herausgabe ins Auge gefasste Zeitpunkt m.E. zu früh bzw. zu ungenau terminiert. Denn die Festplatten bzw. die dort gespeicherten Aktenbestandteile sind Teil der Handakten des Verteidigers, auf die er auch nach "Abschluss des Verfahrens" – meint der Bezirksrevisor "Rechtskraft" – schon aus Haftungsgründen Zugriff haben und behalten muss. M.E. wird eine Herausgabepflicht daher erst mit Ablauf der Sechs-Jahres-Frist des § 50 Abs. 1 BRAO bestehen. Aber wer hat Interesse an sechs Jahre alten Festplatten? Die Justiz offenbar schon.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 5/2024, S. 210 - 211

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