§ 51 RVG
Leitsatz
Bei erstinstanzlichen Verfahren vor dem AG kann ab einem Aktenumfang von 800 Blatt eine Pauschvergütung bewilligt werden kann. Danach ist je nach Umfang der Akte eine Staffelung der zusätzlich zur Grundgebühr zu gewährenden Gebühren vorzunehmen. Für einen Umfang zwischen 2.000 und 3.000 Blatt ergibt sich eine zweifache Erhöhung der Grundgebühr.
OLG Dresden, Beschl. v. 2.1.2024 – 1 (S) AR 40/23
I. Sachverhalt
Der Rechtsanwalt ist dem Angeklagten in dem Verfahren mit dem Vorwurf des Landfriedensbruchs nach Anklageerhebung als Pflichtverteidiger bestellt worden. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens hat der Verteidiger die Bewilligung einer Pauschgebühr i.H.v. 4.800,00 EUR beantragt.
Die Bezirksrevisorin bei dem OLG ist zu dem Antrag gehört worden. Sie hat ihn wegen des (Akten-)Umfangs der Sache i.H.v. 240,00 EUR über den gesetzlichen Gebühren befürwortet und ist einer Bewilligung einer Pauschvergütung i.H.v. 972,00 nicht entgegengetreten. Das OLG hat eine Pauschgebühr i.H.v. 1.052,00 EUR bewilligt.
II. Pauschgebühr wegen des Aktenumfangs
Das OLG referiert die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG, wobei es sich im Wesentlichen auf die bei Gerold/Schmidt/Burhoff (RVG, 26. Aufl., 2023, § 51 Rn 9 ff.) dargestellten Grundsätze und die OLG-Rspr. bezieht. Gemessen an diesen Maßstäben sei der Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung lediglich in der ausgesprochenen Höhe gerechtfertigt.
Das Verfahren sei aufgrund des Aktenumfangs als besonders umfangreich i.S.d. § 51 Abs. 1 RVG anzusehen, eine besondere Schwierigkeit weise das Verfahren nicht auf. So sei bis zum Beginn der Hauptverhandlung von einem wesentlichen Aktenumfang von über 2.000 Blatt auszugehen. Diese setzen sich aus den drei Bänden Sachakten (291 Blatt) und neun Ordnern aus dem Ausgangsverfahren (über 2.000 Blatt) zusammen. Die von den Strafsenaten des OLG für vergleichbare Fälle nach § 51 Abs. 1 RVG aufgestellten Grundsätze sähen vor, dass bei erstinstanzlichen Verfahren vor dem AG ab einem Aktenumfang von 800 Blatt eine Pauschvergütung bewilligt werden könne. Danach sei je nach Umfang der Akte eine Staffelung der zusätzlich zur Grundgebühr zu gewährenden Gebühren vorzunehmen. Für einen Umfang zwischen 2.000 und 3.000 Blatt ergebe sich danach eine 2fache Erhöhung der Grundgebühr. Nachdem der Verteidiger klargestellt habe, dass er die gesamten ihm übersandten Akten durchgearbeitet habe, sei auch der gesamte Umfang und nicht nur die Anzahl der angefertigten Kopien zu berücksichtigen gewesen.
Besondere Umstände, die unabhängig davon eine Erhöhung der Pauschvergütung veranlasst hätten, seien hingegen nicht aufgezeigt. Soweit das AG umfangreiche Unterlagen zum Gegenstand des Selbstleseverfahrens gemacht habe, seien diese Unterlagen ohnehin im Rahmen der Einarbeitung des Verfahrens zur Kenntnis zu nehmen (OLG Hamm, Beschl. v. 5.5.2022 – III-5 RVGs 16/22, AGS 2022, 258).
III. Bedeutung für die Praxis
Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Gewährung einer Pauschgebühr verwendet das OLG offensichtlich Textbausteine, da die Ausführungen dazu in diesem Beschluss weitgehend wortgleich mit denen bei OLG Dresden (Beschl. v. 15.12.2023 – 1 (S) AR 53/22, AGS 2024, 160) sind.
Das OLG verweist zudem erneut auf seine Sätze zur Berücksichtigung des Aktenumfangs bei der Gewährung einer Pauschgebühr (vgl. dazu auch Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 51 Rn 114). Hier wendet das OLG diese dann auch an (vgl. zur anderen Vorgehensweise OLG Dresden, Beschl. v. 15.12.2023 – 1 (S) AR 53/22, AGS 2024, 160).
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 5/2024, S. 216