Das LG sieht auch die Staatsanwaltschaft als beschwerdebefugt an. In § 296 Abs. 1, Abs. 2 StPO sei ausdrücklich vorgesehen, dass die Staatsanwaltschaft eine Beschwerdebefugnis habe, sowohl zum Nachteil eines Beschuldigten als auch zu dessen Gunsten. Der von Rechtsanwalt R zitierten Literaturansicht, wonach anfechtbar nur das Unterlassen bzw. Ablehnen einer Erstreckung, während die positive Entscheidung unanfechtbar sei (AnwK RVG/Fölsch/N. Scheider, 9. Aufl., 2021, § 48 Rn 157), könne nicht gefolgt werden. Zum einen begründet diese Literaturauffassung ihre Ansicht nicht. Zum anderen sei es auch nicht nachvollziehbar, warum nur eine Seite gegen eine Entscheidung vorgehen dürfe, wenn es beim § 48 Abs. 6 S. 3 RVG darum gehe, Rechtsklarheit für die – oftmals erst Jahre später erfolgende – Vergütungsabrechnung herbeizuführen. Die anderen von Rechtsanwalt R vorgetragenen Literaturansichten kommen nach Auffassung des LG zu keinem anderen Ergebnis. Entweder werde nur auf die allgemeinen Vorschriften verwiesen (so Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 26. Aufl., 2023, § 48 Rn 188) oder es werde lediglich positiv festgestellt, dass ein Pflichtverteidiger ein Beschwerderecht habe. Es werde aber keine Stellung zu den anderen Verfahrensbeteiligten genommen (so Mayer/Kroiß/Kroiß, RVG, 8. Aufl., 2021, § 48 Rn 126 und Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 48 Abs. 6 Rn 42).

Im Ergebnis gebe es – so das LG – keinen sachlichen Grund, warum es kein Rechtsmittel gegen die Erstreckungsentscheidung geben sollte. Im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG habe die Staatskasse nach § 56 Abs. 1 S. 1 RVG die Möglichkeit, gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Erinnerung oder der Beschwerde einzulegen, wobei in diesem Verfahren eine vorausgehende rechtskräftige Erstreckungsentscheidung bindend wäre. Im Verfahren nach § 48 Abs. 6 S. 3 RVG sei die Staatskasse nicht beteiligt, sodass diese Aufgabe der Staatsanwaltschaft obliegen müsse. Denn die Staatsanwaltschaft habe unparteiisch darauf zu achten, dass eine rechtmäßige Entscheidung ergehe, und müsse ebenso wie der Pflichtverteidiger die Möglichkeit haben, gegen eine aus ihrer Sicht unzutreffende gerichtliche Entscheidung vorgehen zu können.

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