FGG § 64b Abs. 3; GewSchG § 2; RVG § 24 S. 1–3
Leitsatz
Der Geschäftswert eines einstweiligen Anordnungsverfahrens im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes, das die Benutzung der Wohnung betrifft (§ 64b Abs. 3 FGG, § 2 GewSchG), beträgt 2.000,00 EUR (analog § 24 S. 3, 2 RVG, § 53 Abs. 2 GKG; a.A. OLG Nürnberg NJOZ 2008, 2289 = OLGR 2008, 351 = MDR 2008, 773 = FamRZ 2008, 1468).
OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.4.2008–7 WF 459/08
1 Sachverhalt
I. Mit Beschl. v. 13.2.2008 ordnete das AG Nürnberg auf entsprechenden Antrag hin im Wege der einstweiligen Anordnung gem. §§ 1, 2 GewSchG befristet an, dass der Antragsgegner der Antragstellerin die Ehewohnung zu überlassen hat. Außerdem wurde es dem Antragsgegner untersagt, das Anwesen zu betreten, sich dort im Umkreis von 50 Metern aufzuhalten sowie Kontakt zur Antragstellerin aufzunehmen bzw. solchen durch Dritte zu veranlassen.
In Nummer 6 des Beschlusses wurde der Geschäftswert für die einstweilige Anordnung auf 1.700,00 EUR festgesetzt, wobei 1.200,00 EUR (= 3 x 400,00 EUR) für die Wohnungszuweisung und 500,00 EUR für die übrigen Anordnungen angesetzt wurden.
Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde ein und beantragte, den Geschäftswert auf insgesamt 4.000,00 EUR festzusetzen, nämlich 2.000,00 EUR für die Wohnungszuweisung, dreimal 500,00 EUR für die Schutzanordnungen nach § 1 GewSchG sowie 500,00 EUR für die beantragte Übertragung der elterlichen Sorge.
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Da die KostO für das einstweilige Anordnungsverfahren in Gewaltschutzsachen gem. § 64b Abs. 3 FGG keine Regelung zum Geschäftswert enthält, bestimmt sich dieser auch für die Gerichtsgebühren nach § 24 S. 3, 1 und 2 RVG. Danach gilt für den Geschäftswert hinsichtlich der Zuweisung der Wohnung aufgrund der Verweisungen in § 24 S. 3 und S. 2 RVG die im GKG für das Verfahren nach § 620 Nr. 7 und 9 ZPO in § 53 Abs. 2 S. 2 GKG enthaltene Regelung entsprechend. In der genannten Bestimmung des GKG ist für das einstweilige Anordnungsverfahren hinsichtlich der Regelung der Benutzung der Wohnung ein fester Wert in Höhe von 2.000,00 EUR genannt, sodass auch für die einstweilige Wohnungszuweisung im isolierten Gewaltschutzverfahren von einem Geschäftswert in dieser Höhe auszugehen ist (ebenso OLG Dresden FamRZ 2006, 803; OLG Koblenz FamRZ 2005, 1849; Riedel/Sußbauer-Keller, RVG, 9. Aufl., § 25 Rn 9; a.M. OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.1.2008–10 WF 7/08). Im Hinblick auf den Wortlaut des § 24 S. 3 und S. 2 RVG, der § 53 Abs. 2 S. 2 GKG für entsprechend anwendbar erklärt, sieht der Senat auch im Hinblick darauf, dass die einstweilige Anordnung im Rahmen des Gewaltschutzverfahrens grundsätzlich zeitlich zu begrenzen ist, keine Möglichkeit, den Geschäftswert nur auf die Hälfte des in § 53 Abs. 2 S. 2 GKG genannten Betrages herabzusetzen. Bei dem in § 53 Abs. 2 S. 2 GKG genannten Wert handelt es sich um einen Festbetrag, der zur Vereinfachung der Streitwerte eingeführt wurde, und nicht um einen Regel-, Höchst- oder Mindestwert, der eine Abweichung zulässt (Hartmans, KostG, 37. Aufl., § 53 GKG Rn 21).
Zu dem Geschäftswert für die Wohnungszuweisung ist der für die übrigen Anordnungen nach § 1 GewSchG hinzuzurechnen, da es sich insoweit um einen selbstständigen Streitgegenstand handelt (OLG Nürnberg a.a.O.; OLG Dresden a.a.O.). Der Geschäftswert für diese Maßnahmen beträgt entsprechend § 24 S. 3 und S. 1 RVG 500,00 EUR. Zwar hat die Antragstellerin insoweit mehrere Maßnahmen beantragt, dies rechtfertigt im vorliegenden Fall, in dem lediglich die Anordnung der üblichen Maßnahmen begehrt wird, jedoch nicht die Festsetzung eines höheren Wertes.
3 Anmerkung
Nach dem zum 1.9.2009 in Kraft tretenden FamGKG werden sich die Werte wie folgt belaufen:
1. Wohnungszuweisungsverfahren
a) Überblick
Der Verfahrenswert in Wohnungszuweisungsverfahren richtet sich nach § 48 Abs. 1 FamGKG. Für Zahlungsanträge, etwa auf Nutzungsentschädigung, gilt § 35 FamGKG. Diese Werte gelten auch für die anwaltliche Vergütung (§ 23 Abs. 1 S. 1 u. 3 RVG). Wird hinsichtlich der Ehewohnung vollstreckt, gilt für die Anwaltsgebühren § 25 RVG.
Vorgesehen sind feste Regelwerte, je nachdem, welche Ansprüche geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Differenzierung veranlasst, weil er irrtümlich davon ausging, dass die Rspr. diese Ansprüche unter Geltung des vormaligen § 100 Abs. 3 KostO unterschiedlich behandle. Zwar wurde in der Rspr. früher differenziert zwischen vorläufigen und endgültigen Zuweisungsverfahren – während für vorläufige Zuweisungsverfahren der sechsfache Monatsmietwert angenommen wurde, wurde für endgültige Verfahren der Jahresmietwert zugrunde gelegt; nachdem dann der Geschäftswert später einheitlich in § 100 Abs. 3 KostO geregelt wurde, ging die Rspr. jedoch einhellig dazu über, in sämtlichen Verfahren den Jahresmietwert anzunehmen. Der Gesetzgeber war noch von der alten Rechtslage beeinflusst und hat daher wieder eine Differenzierung eingeführt.
b) Ansprüche nach den §§ 2 bis 6 HausratsVO
Werden Ansprüch...