RVG § 33; RVG VV Nr. 1000

Leitsatz

Die Festsetzung eines Mehrwerts für den Vergleich setzt voraus, dass die Parteien außergerichtlich über mitverglichene Forderungen gestritten haben. Forderungen, die erst im Rahmen der Vergleichsgespräche aufgestellt werden und die Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen, erhöhen den Streitwert nicht, auch wenn die Höhe der Gegenleistung im Rahmen der Vergleichsgespräche streitig verhandelt wurde. Der Wert des Vergleichs richtet sich nach den ursprünglichen Forderungen, die durch ihn befriedet wurden.

LAG Köln, Beschl. v. 13.10.2008–2 Ta 353/08

1 Sachverhalt

Die Beschwerdeführer erstreben die Änderung der Streitwertfestsetzung für einen geschlossenen Vergleich.

Am 30.7.2008 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage bezüglich einer Kündigung vom 23.7.2008 zum 31.1.2009. Die Vergütung des Klägers betrug zuletzt 7.000,00 EUR brutto monatlich. Im Arbeitsvertrag der Parteien war vorgesehen, dass die Beklagte im Falle einer ordentlichen Kündigung den Kläger jederzeit widerruflich unter Fortzahlung der vereinbarten Bezüge freistellen konnte. In der Güteverhandlung einigten sich die Parteien auf die Wirksamkeit der Kündigung. Darüber hinaus vereinbarten sie die Zahlung einer Abfindung, die ordnungsgemäße Abrechnung des Arbeitsverhältnisses ohne 13. Gehalt und Tantiemezahlung, die Freistellung des Klägers unter Anrechnung auf Urlaub und/oder Freizeitguthaben, das Recht des Klägers, das Arbeitsverhältnis vorzeitig unter Erhöhung der Abfindung zu beenden, die Erteilung eines weiteren Zwischenzeugnisses, wobei inhaltlich Änderungen am bereits erteilten Zwischenzeugnis vereinbart wurden, sowie die Erteilung eines Schlusszeugnisses auf der Basis des Zwischenzeugnisses. Das ArbG hat den Streitwert für Verfahren und Vergleich auf drei Bruttomonatsgehälter, d.h. 21.000,00 EUR festgesetzt. Die Prozessbevollmächtigten vertreten die Ansicht, dass die Regelung der Freistellung mit 20 % bzw. 50 % der gezahlten Gehälter für den fünfmonatigen Freistellungszeitraum anzusetzen sei. Zudem vertreten sie die Ansicht, dass aufgrund der Regelungen zum Zwischen- und Schlusszeugnis bis zu zwei weitere Bruttomonatsvergütungen als Mehrwert anzusetzen seien. Der Beklagtenprozessbevollmächtigte weist ausdrücklich darauf hin, dass der Kläger ohne die ausgehandelte Freistellung nicht zum Abschluss des Vergleichs bereit gewesen wäre. Hieraus rechtfertige sich der Mehrwert des Vergleichs.

Die dagegen erhobenen Streitwertbeschwerden der Prozessbevollmächtigten hatten nur zum Teil Erfolg.

2 Aus den Gründen

Die Streitwertbeschwerden sind nur insoweit begründet, als dem Vergleich ein Mehrwert für die ausdrücklich geregelten Zeugnisformulierungen des Zwischenzeugnisses in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes zukommt. Die Forderung einer bestimmten Formulierung im Zwischenzeugnis kann als eigener Streitgegenstand außerhalb der Kündigungsschutzklage angesehen werden. Das Interesse des Klägers, unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits, ein Zwischenzeugnis mit einer bestimmten Formulierung zu erhalten, kann deshalb nicht eindeutig als Gegenleistung für die Streitbeilegung hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags gewertet werden. Wegen der geringen Bedeutung des Zwischenzeugnisses ist dieser Wert jedoch allenfalls auf ein halbes Bruttomonatsgehalt zu beziffern. Das darüber hinaus noch vereinbarte Schlusszeugnis war ersichtlich zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch nicht streitig, da es ohnehin noch nicht fällig war. Die rein deklaratorische Aufnahme in den Vergleichstext rechtfertigt damit keinen eigenen Streitwert.

Demgegenüber war die in Nr. 4 des Vergleichs vereinbarte Freistellung des Klägers nicht streitwerterhöhend für den Vergleich zu berücksichtigen. Der Kläger hatte nicht unabhängig vom Ausgang des Feststellungsantrags die unbedingte Freistellung in der Kündigungsfrist verlangt. Vielmehr handelt es sich um die Gegenleistung für die Einwilligung des Klägers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies bringt der Beklagtenprozessbevollmächtigte in dankenswerter Klarheit zum Ausdruck, indem er erklärt, dass ohne die ausgehandelte Freistellung der Vergleich nicht zustande gekommen wäre. Gegenleistungen, die vereinbart werden, um den ursprünglichen Streitgegenstand (hier die Wirksamkeit der Kündigung vom 23.7.2008) zu erledigen, erhöhen den Streitwert nach std. Rspr. des LAG nicht (vgl. LAG Köln v. 6.9.2007–5 Ta 237/07 – und vom 13.6.2005–4 Ta 178/05 – m. w. Nachw.).

Ebenso wenig, wie die Forderung einer Abfindung als Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Streitwert eines Vergleichs erhöht, ist die Forderung einer bezahlten Freistellung einem Streit über eine Freistellungsvereinbarung gleichzusetzen. Dadurch, dass die Parteien im Rahmen der Vergleichsgespräche bestimmte Forderungen aufstellen und eine bestimmte Gegenleistung für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses regeln, werden die dort aufgestellten Forderungen nicht zu Streitgegenständen außerhalb de...

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