ArbGG § 11a; ZPO § 121
Leitsatz
- Im Regelfall sind die Reisekosten des im Rahmen der PKH-Bewilligung beigeordneten Rechtsanwalts auf die Kosten zu beschränken, die einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt entstehen würden.
- Abzustellen ist insoweit auf die weiteste Entfernung zwischen dem Gerichtssitz und der Grenze des Gerichtsbezirks.
LAG Hessen, Beschl. v. 12.1.2010–15 Ta 197/09
Sachverhalt
Der Kläger hatte – vertreten durch einen an seinem Wohnort ansässigen Anwalt – Klage vor dem auswärtigen ArbG erhoben. Auf seinen Antrag hin ist ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden, jedoch mit der Einschränkung: "Die Beiordnung erfolgt unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeldern sowie etwaiger Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Bezirk des Prozessgerichts." Gegen diese Einschränkung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der das ArbG nicht abgeholfen hat.
Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Das LAG hat den angefochtenen Beschluss des ArbG aufgehoben, soweit darin die Anwaltsbeiordnung eingeschränkt worden ist und die Sache zur erneuten Entscheidung an das ArbG zurückgewiesen.
Aus den Gründen
Auch aus Sicht der Beschwerdekammer ist es zwar zutreffend, aus § 11a Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 121 Abs. 3 ZPO mit dem ArbG abzuleiten, dass jedenfalls für den Regelfall die Reisekosten eines Rechtsanwalts auf die Kosten zu beschränken sind, die einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt entstehen würden (vgl. dazu mit weiteren Nachweisen Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 11a Rn 95; Bader, in: Bader/Creutzfeldt/Friedrich, ArbGG, 5. Aufl., § 11a Rn 42).
Der Ausschluss der Reisekosten für die Fahrt vom Ort der Kanzlei zum Bezirk des Prozessgerichts im angefochtenen Beschluss wird dem jedoch nicht gerecht. Ein derartiger Ausschluss führt dazu, dass die Erstattung der Reisekosten nicht im Gerichtsbezirk ansässiger Rechtsanwälte von Zufälligkeiten abhängig ist. Bei insoweit gleicher Länge der Fahrstrecke vom Kanzleisitz zum Sitz des Gerichts hängt dann die Höhe der Erstattungsfähigkeit davon ab, ob auf der konkreten Fahrstrecke die Grenze des Gerichtsbezirks nahe dem Gerichtssitz liegt oder nicht. Eine derartige Handhabung widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung.
Daher ist für den Umfang der Erstattungsfähigkeit darauf abzustellen, welche Reisekosten einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt maximal entstehen können, also auf die weiteste Entfernung zwischen dem Gerichtssitz und der Grenze des Gerichtsbezirks. Diese Reisekosten sind dann ins Verhältnis zu setzen zu den tatsächlich entstandenen Reisekosten, und eine Beschränkung der Erstattung greift nur dann, wenn die tatsächlichen Reisekosten die maximalen Reisekosten im Gerichtsbezirk übersteigen.
Das ArbG wird dementsprechend neu zu entscheiden haben (§ 572 Abs. 3 ZPO). Wenn es völlig klar ist, dass nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen die vollen Reisekosten zu erstatten sind, hat eine Beschränkung insoweit zu entfallen. Ansonsten wird die Beschränkung eine den dargestellten Grundsätzen entsprechende abstrakte Formulierung zu enthalten haben, und die konkrete Vergleichsberechnung erfolgt dann im Rahmen der Abrechnung der zu erstattenden Reisekosten.