RVG § 33 KostO §§ 30, 42
Leitsatz
- Vertritt der Anwalt in einem Erbscheinverfahren mehrere Erbprätendenten, die jeweils nur einen bestimmten Erbteil beanspruchen, so richtet sich der Wert der anwaltlichen Tätigkeit nicht nach dem Geschäftswert des Erbscheinverfahrens, sondern für jeden Auftraggeber nach der Quote, die dieser Auftraggeber für sich beansprucht.
- Dieser Wert ist auf Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG gesondert festzusetzen.
- Dabei ist nicht der Gesamtwert der anwaltlichen Tätigkeit für beide Auftraggeber festzusetzen, sondern für jeden Auftraggeber ein gesonderter Wert.
AG Mannheim (Notariat), Beschl. v. 21.4.2011 – VI NG 268/07
1 Sachverhalt
Der Anwalt hatte zwei Auftraggeber in einem Erbscheinverfahren vertreten. Die beiden Auftraggeber (Abkömmlinge der Erblasserin) machten dabei jeweils ein Erbrecht in Höhe eines Viertels geltend. Der am Verfahren ebenfalls beteiligte Ehemann der Erblasserin war dagegen der Auffassung, er sei Alleinerbe und verteidigte sich mit diesen Anträgen im Verfahren.
Nach Abschluss des Verfahrens kam es zum Streit über die Höhe der von den Antragstellern zu erstattenden Vergütung. Das Nachlassgericht hatte einen Geschäftswert für das Erbscheinverfahren i.H.v. 165.300,00 EUR festgesetzt. Der Anwalt der Antragsteller war der Auffassung, dass sich seine Vergütung nach dem hälftigen Wert richte, also 82.650,00 EUR und er daraus eine nach Nr. 1008 VV auf 1,6 erhöhte Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) verlangen könne.
Die Antragsteller beantragten daraufhin gem. § 33 RVG gesonderte Wertfestsetzung. Auf diesen Antrag hin hat das AG den Wert zunächst auf 82.650,00 EUR festgesetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg und führte zur Festsetzung eines Gegenstandswertes i.H.v. von jeweils 41.325,00 EUR je Antragsteller.
2 Aus den Gründen
Im Rahmen der Wertfestsetzung für das Erbscheinverfahren hatte das Gericht auch eine Wertfestsetzung gem. § 33 RVG dahingehend getroffen, dass der Wert für jeden ursprünglichen Miterben auf 82.650,00 EUR festgesetzt werde. Letzterer Wertfestsetzung lag zugrunde, dass den Anwaltsgebühren für das Erbscheinverfahren lediglich der Wert der vom Auftraggeber beanspruchten Erbquote zugrunde zu legen sei (BGH NJW 1968, 2334; Mayer/Kroiß, 4. Aufl. § 33 Rn 6 m.w.N.). Unberücksichtigt blieb jedoch, dass auf die beiden Auftraggeber im ursprünglichen Erbschein lediglich Erbquoten von je ein Viertel entfielen. Diesem Umstand ist durch entsprechende Fassung des Wertfestsetzungsbeschlusses Rechnung zu tragen. Daran ändert auch die von den Rechtsanwälten hervorgehobene einheitliche Beauftragung durch die Miterben nichts. Dies folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 1 RVG, da nach der zitierten Rechtsprechung zur Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren im Erbscheinverfahren eine Mandatserteilung entweder alleine durch Frau K. oder alleine durch Herrn G. der Wert für die Anwaltsgebühren entsprechend des jeweiligen Erbteils i.H.v. nur einem Viertel des Gesamtgegenstandswertes festzusetzen gewesen wäre.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Vertritt ein Anwalt im Erbscheinverfahren einen Beteiligten, der lediglich ein Erbrecht zu einer Quote geltend macht, dann deckt sich der Wert des Verfahrens nicht mit dem Wert der anwaltlichen Tätigkeit. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit beläuft sich in diesem Fall lediglich auf einen Bruchteil des Gesamtwertes.
Dieser – nur für den Anwalt geltende – Gegenstandswert ist vom Gericht auf Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen.
Dabei ist, wie das Gericht in seinem Abhilfebeschluss zu Recht ausgeführt hat, auch der Wert für die gesamte anwaltliche Tätigkeit festzusetzen. Eine solche Festsetzung sieht § 33 RVG nicht vor. Bei dem Verfahren nach § 33 RVG handelt es sich um ein Parteiverfahren, so dass die Wertfestsetzung nur im Verhältnis der an diesem Wertfestsetzungsverfahren Beteiligten festzusetzen ist, also im Verhältnis des abrechnenden Anwalts zu jedem einzelnen Auftraggeber gesondert.
Dies ist insoweit erforderlich, als jeder Auftraggeber nach § 7 Abs. 1 S. 2 RVG nur haftet, als er haften würde, wenn er den Auftrag alleine erteilt hätte. Das bedeutet, dass den von ihm zu zahlenden Gebühren nur der Gegenstandswert zugrunde gelegt werden darf, der ihn betrifft.
Dieser Wert ist aber nur durch eine gesonderte einzelne Wertfestsetzung zu ermitteln.
Mit dieser gesonderten Wertfestsetzung sind damit auch gleichzeitig die Weichen für die zutreffende Gebührenabrechnung gestellt.
Wie das AG zu Recht ausgeführt hat, liegen hier verschiedene Gegenstände vor, die einzeln zu bewerten sind. Der Anwalt kann zwar insgesamt nach 82.650,00 EUR abrechnen, gegenüber jedem Auftraggeber jedoch nur aus 41.325,00 EUR. Damit ist klar, dass der anwaltlichen Tätigkeit verschiedene Gegenstände zugrunde liegen. Daraus wiederum folgt ebenso eindeutig, dass die hier vom Anwalt in Ansatz gebrachte Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV ausscheidet, weil diese gerade denselben Gegenstand voraussetzt, an dem es hier aber fehlte.
Norbert Schneider