FamGKG § 50 Abs. 3
Leitsatz
- Der Wert eines Verfahrens auf Ablehnung eines Richters bestimmt sich nach dem vollen Wert der Hauptsache.
- Der Verfahrenswert eines Kindergeldverfahrens richtet sich nach dem Jahreswert des Kindergeldes zuzüglich der fälligen Beträge.
OLG Jena, Beschl. v. 5.5.2011 – 1 WF 87/11
1 Sachverhalt
Der Großvater hatte beantragt, ihn gem. § 64 EStG i.V.m. § 3 BKiG zum Kindergeldberechtigten zu bestimmen. Der Kindesvater und die Kindesmutter sind im Rahmen dieses Verfahrens angehört worden. Nach einem Hinweis des befassten Rechtspflegers hat der Antragsteller diesen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Den Verfahrenswert des Ablehnungsverfahrens hat das OLG auf 9.698,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Gegenstand des Verfahrens ist die Kindergeldbezugsberechtigung für den Zeitraum Dezember 2004 bis Februar 2010. Das Kindergeld betrug bis zum 31.12.2008 154,00 EUR, ab dem 1.1.2009 164,00 EUR und ab dem 1.1.2010 184,00 EUR monatlich, so dass sich für diesen Zeitraum ein Anspruch in Höhe von [(49 Monate 154,00 EUR =) 7.546,00 EUR + (12 Monate a 164,00 EUR =) 1.968,00 EUR + 184,00 EUR =] 9.698,00 EUR errechnet. Der Senat folgt insoweit der h.M., wonach bei einer Ablehnung der Gegenstandswert des Hauptsacheverfahrens zugrunde zu legen ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 3, Rn 16 "Ablehnung").
3 Anmerkung
Reden ist Silber – Schweigen ist Gold
Das OLG hätte besser keine Ausführungen zum Verfahrenswert gemacht. So hat es offenbart, dass ihm die Gründzüge der Verfahrenswertfestsetzung nicht geläufig sind und es offenbar die neuen Vorschriften des FamGKG noch gar nicht kennt.
Zunächst einmal fragt man sich, wieso das Gericht überhaupt einen Wert festgesetzt hat.
Nach § 55 Abs. 2 FamGKG setzt das Gericht einen Wert für die Gerichtsgebühren fest, wenn Gerichtsgebühren erhoben werden, die sich nach dem Wert des Verfahrens richten. In einem Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Richters wird nach Nr. 1912 FamGKG- KostVerz. eine wertunabhängige Festgebühr in Höhe von 50,00 EUR erhoben. Insoweit bedarf es also keiner Wertfestsetzung.
Lediglich für die Anwaltsgebühren bedarf es eines Wertes. Ein solcher ist aber nur festzusetzen, wenn einer der Beteiligten die Wertfestsetzung beantragt (§ 33 Abs. 1 RVG). Das war hier ersichtlich nicht der Fall.
Abgesehen davon hätte sich hier die Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren nach der spezielleren Vorschrift des § 23 Abs. 2 S. 1 i.V.m. 3 S. 2 RVG gerichtet und nicht nach dem FamGKG. Insoweit – das ist das einzig Richtige an der Wertfestsetzung des OLG – wäre wohl vom Hauptsachewert auszugehen gewesen.
Des Weiteren fragt man sich, wie das OLG zu der von ihm vorgenommenen Wertsetzung in der Hauptsache kommt.
Das OLG berechnet zum einen die bei Einreichung des Antrags fälligen Kindergeldbeträge und rechnet die weiteren Kindergeldbeträge der laufenden zukünftigen zwölf Monate hinzu. Dabei lehnt es sich offenbar an die Vorschrift des § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG an.
Das Gericht übersieht jedoch, dass § 51 Abs. 1 und Abs. 2 FamGKG hier gar nicht anwendbar ist. Diese Vorschrift gilt nur in Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG, also in Unterhaltssachen, die Familienstreitsachen sind. Hier handelt es sich jedoch um ein Kindergeldverfahren nach § 231 Abs. 2 FamFG, also um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die nicht § 51 Abs. 1 und Abs. 1 FamGKG gilt, sondern § 51 Abs. 3 FamGKG. Diese Vorschrift sieht einen Regelwert von 300,00 EUR vor.
Nach § 51 Abs. 3 S. 2 FamGKG kann dieser Wert wegen Unbilligkeit heraufgesetzt werden. Aber selbst dann dürfte ein Wert von über 3.000,00 EUR völlig unangemessen und überzogen sein.
Immerhin kann sich das OLG Jena damit trösten, dass auch anderen Oberlandesgerichte die neuen gesetzlichen Regelungen nicht bekannt sind. Auch das OLG Nürnberg hatte in einem Kindergeldverfahren in Unkenntnis der Gesetzeslage auf den zwölfmonatigen Bezug zuzüglich fälliger Beträge abgestellt.
Norbert Schneider